US-Senatoren nehmen Manager von Goldman Sachs in die Zange

New York. Der junge Mann, der im Zentrum der Betrugsvorwürfe gegen die US-Investmentbank Goldman Sachs steht, ist ein mittelgroßer, schmaler Bursche mit dunklem Haar und leicht abstehenden Ohren, nicht besonders auffallend. Doch die Öffentlichkeit hatte sich längst ihr Bild von dem 31-jährigen Franzosen gemacht, der seine Finanzprodukte in E-Mails als "Frankenstein"-Investments und "intellektuelle Masturbation" bezeichnet hatte. Man glaubt ihm, dass er sie heute zutiefst bereut. "Sie werfen ein schlechtes Licht auf die Firma und mich", sagte Fabrice Tourre bei einer Anhörung vor dem US-Senat. "Ich wünschte, ich hätte sie nicht gesendet."

Doch genau das hat er getan und damit erreicht, dass Goldman Sachs nach der Aufregung um vermeintliche politische Verstrickungen mit Washington, um zumindest fragwürdige Geschäfte mit Griechenland und um die unangenehme Boni-Debatte wieder einmal dort steht, wo die Bank nie hinwollte: im Zentrum der Aufmerksamkeit.

Die US-Börsenaufsicht SEC wirft Goldman vor, ihre Kunden betrogen zu haben. Verantwortlich dafür soll Fabrice Tourre sein, der Klienten wie der deutschen Mittelstandsbank IKB angeblich wissentlich ein Finanzprodukt verkauft hat, das angesichts der Entwicklung auf dem US-Immobilienmarkt zum Scheitern verdammt war.

Darum hätte es bei der Anhörung in Washington an sich gar nicht gehen sollen. Der Kongressausschuss arbeitet seit Monaten daran, in langwierigen Befragungen herauszufinden, wodurch die Finanzkrise tatsächlich ausgelöst wurde. Dafür haben die Senatoren schon verschiedene Akteure wie den ehemaligen US-Notenbankchef Alan Greenspan vorgeladen. Doch spätestens seit der Anklage der SEC ist Goldman Sachs für viele Amerikaner endgültig zum Sinnbild für all das geworden, was in ihren Augen an der Wall Street schiefläuft. Sieben Goldman-Manager mussten daher auch stellvertretend für die gesamte Branche auf der Zeugenbank Platz nehmen. "Menschen, die in ihrem Leben noch nichts von einer CDO oder einem MDS gehört haben, müssen jetzt die Folgen ausbaden", sagte der Ausschussvorsitzende Carl Levin von der Demokratischen Partei mit Blick auf teils undurchschaubare Finanzprodukte, die Investmentbanken wie Goldman Sachs jahrelang gehandelt hatten.

Mehr als zehn Stunden dauerte die Befragung. Neben Tourre war auch sein ehemaliger Vorgesetzter Dan Sparks vorgeladen, zudem andere Manager und Händler der Bank. Sparks arbeitet nicht mehr bei Goldman, aber es wurde deutlich, wieso er dort einmal zu den Top-Leuten gehört hatte. Selbst als sich Senatorin Claire McCaskill immer mehr in Rage redete, blieb Sparks ruhig.

Schließlich war der Chef der Bank, Lloyd Blankfein, selbst an der Reihe. Er wirkte angespannt und nervös, er kniff die Augen zusammen und blinzelte, was angesichts des Drucks, der auf ihm lastet, auch kein Wunder ist: "Das Vertrauen unserer Kunden ist entscheidend für uns", sagte er. Vergeblich versuchte er Senator Levin zu erklären, wie das System der Branche funktioniert. In solchen Momenten wurde deutlich, dass hier zwei Welten aufeinanderprallen, die sich nicht verstehen können oder wollen. Und so wirkte Senator Jon Tester, ein Bauer aus Montana, zwar etwas hilflos, aber auch am ehrlichsten, als er zu den Bankern sagte: "Sie alle sind schlaue Leute. Aber so etwas darf einfach nicht wieder passieren."