Frankfurt. Die Klage der US-Börsenaufsicht gegen Goldman Sachs ruft nun auch die Verlierer der Finanzkrise in Deutschland auf den Plan. Die Düsseldorfer Mittelstandsbank IKB prüft die Möglichkeit einer Klage gegen den US-Investmentriesen, sagte eine IKB-Sprecherin. Die IKB hatte mit riskanten US-Papieren rund 150 Millionen Euro verloren und musste 2007 vom Staat gerettet werden. Vertreter der Bundesregierung sprachen sich unterdessen für Schadenersatzklagen gegen Banken aus, die den Niedergang der IKB beschleunigt hatten. Auch die Deutsche Bank soll ähnliche Papiere konstruiert haben wie Goldman Sachs. Ein Interessenkonflikt wie beim US-Rivalen ist bei ihr Aufsichtskreisen zufolge aber vorerst nicht zu erkennen.

Die US-Aufsichtsbehörde SEC wirft Goldman Sachs Betrug bei der Vermarktung von synthetischen verbrieften Hypothekenkrediten (CDO) im Volumen von zwei Milliarden Dollar vor. Goldman Sachs soll den Käufern - darunter die IKB-Zweckgesellschaft Rhineland Funding - wichtige Informationen über das komplexe Finanzprodukt verschwiegen haben. Sie hätten darüber informiert werden müssen, dass der Milliardär John Paulson mit dem Hedgefonds Paulson & Co die Derivate mit auswählte und zugleich auf einen Zusammenbruch des US-Häusermarktes wettete. Laut Klageschrift haben Investoren mehr als eine Milliarde Dollar verloren, als die US-Immobilienblase platzte.

Die IKB war als erste Bank in Deutschland in den Strudel der Finanzkrise geraten und musste von ihrem Hauptaktionär, der Staatsbank KfW, und den anderen deutschen Banken mit mehr als zehn Milliarden Euro vor dem Aus gerettet werden. Eine IKB-Sprecherin sagte, die Bank werde sich die Unterlagen der SEC anschauen und rechtliche Schritte prüfen. Das Finanzministerium wies die deutsche Finanzaufsicht BaFin an, mit der SEC in Kontakt zu treten. Dann wolle das Ministerium über Schadenersatzklagen entscheiden.

"Der Bund war der größte Minderheitsaktionär bei der IKB. Wenn man jetzt Verantwortliche dingfest machen könnte, an die sich Schadenersatzansprüche des Bundes oder der KfW richten, sollten wir das dringend ausnutzen", sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Meister, dem "Handelsblatt".

Goldman Sachs war nicht die einzige Bank, die im Niedergang des US-Häusermarkts Papiere konstruierte, deren zugrunde liegende Werte in der Finanzkrise rapide verfielen. Nach Reuters-Daten waren Merrill Lynch, Citigroup und die Deutsche Bank 2006 und 2007 die drei größten Organisatoren von CDOs. Auch bei der Deutschen Bank hatte Paulson an der Strukturierung eines solchen Produkts mitgewirkt, wie das bei Kunden solcher Spezialprodukte üblich ist.

Ein Sprecher der Deutschen Bank sagte, alle Beteiligten hätten Einfluss genommen, nicht - wie der SEC zufolge bei Goldman Sachs - Paulson allein. Eine mit dem Fall vertraute Person aus dem Umfeld der Bankenaufsicht sagte, einen solchen Interessenkonflikt habe die Deutsche Bank offenbar vermieden: "Es sieht so aus, als hätte die Deutsche Bank ein anderes Modell gewählt als Goldman."

Auch die IKB hatte derartige Papiere von der Deutschen Bank gekauft. So machte der damalige IKB-Chef Stefan Ortseifen auch die Deutsche Bank mit verantwortlich für ihren Beinahe-Zusammenbruch. Vorstandschef Josef Ackermann hatte selbst auf die Probleme bei der IKB hingewiesen und die Rettungsaktion damit ausgelöst. Die IKB sieht derzeit aber keine Handhabe gegen andere Institute.

Während das Finanzministerium die IKB als einziges deutsches Opfer der dubiosen Geschäfte sieht, weisen Juristen auch auf die Landesbanken hin, die in riskante US-Papiere investiert hatten und vom Staat gerettet werden mussten. Die SEC-Klage wirkte sich auch auf den Börsenhandel aus. Der europäische Bankenindex verlor 1,4 Prozent, die Aktie der Deutschen Bank sank um 2,55 Prozent. Die Reaktion hält ein LBBW-Analyst aber für übertrieben: "Wir glauben nicht, dass die Deutsche Bank in ähnlich konstruierte Geschäfte verwickelt war."