Hamburg. Deutschlands bekanntester Lebensmittelhersteller Dr. Oetker, Teil der Bielefelder Oetker-Gruppe, hat 2009 mit einem Umsatzplus abgeschlossen. Der Anstieg von 5,5 Prozent gegenüber 2008 auf rund 1,8 Milliarden Euro kam allerdings nur wegen des kräftigen Zuwachses des Unternehmens im Ausland zustande. Am deutschen Markt verlor Dr. Oetker hingegen 4,7 Prozent Umsatz - auch deshalb, weil die harten Preiskämpfe der Discountketten in Deutschland auf die Hersteller durchschlagen. Den Gewinn nennt der Konzern nicht. Das Abendblatt sprach mit Richard Oetker, seit Jahresbeginn Chef der Oetker-Gruppe und der Lebensmittelsparte Dr. Oetker.

Abendblatt:

Herr Oetker, Ihr Jahresumsatz 2009 erscheint für den deutschen Markt mit einem Minus von fast fünf Prozent eher verhalten, selbst dann, wenn man die Sonderbelastungen der Wirtschaftskrise berücksichtigt. Ist der deutsche Lebensmittelmarkt gesättigt?

Richard Oetker:

Ich empfinde die Zahlen insgesamt nicht als verhalten. Unter dem Strich, inklusive des Auslandsgeschäfts, liegen wir um 5,5 Prozent über dem Vorjahr, darauf sind wir sehr stolz. In Deutschland verzeichnen wir einen Rückgang, weil die Preise für Milchprodukte gesunken sind - und weil wir mit dem einen oder anderen Discountkunden in den Jahresgesprächen bezüglich der Konditionen nicht ganz einig geworden sind.

Sie spielen unter anderem auf Lidl an, der wegen Differenzen über die Preise einige Ihrer Produkte aus dem Sortiment nimmt.

Wir wollen allen Kunden die gleichen Konditionen bieten und niemanden bevorteilen. Da muss man im Zweifel auch mal die Notbremse ziehen, und das Ergebnis ist leider oft, dass man von Kunden mit Auslistung bestraft wird. Das hat allerdings nichts mit einer Sättigung des Marktes zu tun.

Die Discounter liefern sich einen harten Verdrängungswettbewerb. Was bedeutet das für die Entwicklung des Marktes und Ihres Geschäftes?

Der Preiskampf zwischen den Discountern hat sich verschärft. Das führt dazu, dass das Preisniveau heruntergezogen wird. Kurzfristig gewinnt zwar der Verbraucher. Aber langfristig besteht die Gefahr, dass der eine oder andere Hersteller gar nicht mehr in der Lage sein wird, bestimmte Produkte anzubieten.

Der NDR berichtet über Rohschinken, der mithilfe von Enzymen aus kleinen Teilen zusammengeklebt wird. Der Verbraucher kann nicht erkennen, dass er im wahrsten Sinne des Wortes ,geleimt' wird. Wie handhaben Sie Qualität bei Lebensmitteln?

Wir haben einen ganz klaren Qualitätsanspruch: Wenn wir einen Preis nicht erzielen können, den wir zur Herstellung einer bestimmten Qualität benötigen, bringen wir das Produkt nicht auf den Markt. Wenn wir so unter Preisdruck kommen, wie das da oder dort geschehen könnte, müssen wir das Produkt womöglich vom Markt nehmen. Wir schrauben nicht an der Qualität. Wir haben einen hohen Anspruch an uns selbst, und den werden wir nicht verraten.

Wo sehen Sie in Deutschland Chancen für weiteres Wachstum?

Mit Innovationen wird man immer neue Kunden finden können. Die Steinofenpizza Tradizionale etwa ist ein solches neues Produkt oder die Pizza Culinaria, die mit Blick auf die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika das traditionelle südafrikanische Gewürz Chakalaka enthält. Bei den Frischeprodukten sind wir mit der neuen Joghurtmarke Paula sehr erfolgreich. Auch in Deutschland werden wir in diesem Jahr weiteres Wachstum erzielen.

Sie können aus dem Discountsegment aber kaum in höherpreisige Sortimente ausweichen, weil Sie dort schon vertreten sind.

In den anderen Vertriebskanälen kann man über Innovationen durchaus neue Käufer erreichen. Das gilt für Pizzen wie auch für Backmischungen. Viele Menschen zum Beispiel kann man mit neuen Produkten für Pizzen begeistern, die bisher keine Pizza gegessen haben. Oder die Hausfrau mit hochwertigen Rezepturen zum Backen bringen, die zuvor nicht gebacken hat.