Hamburg/Mainz. Der Austragungsort birgt symbolische Bedeutung: Die Mainzer Niederlassung der Bundesnetzagentur befindet sich in einer ehemaligen Kaserne. Das passt, denn hier werden die vier deutschen Netzanbieter Telekom, Vodafone, O2 und E-Plus am Montag in eine Milliardenschlacht ziehen. Das Ziel, das jeder der Kontrahenten verfolgt: Ein möglichst großes Paket an Mobilfunkfrequenzen zu ersteigern, um so die eigene Zukunft auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt zu sichern.

"So eine Chance wird es viele Jahre nicht mehr geben", sagt der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth. Er hat vor allem zwei Anliegen: Mit der Auktion möglichst viel Geld in die Staatskassen zu spülen. Und gleichzeitig die letzten weißen Flecken auf der deutschen Internetlandkarte zu tilgen. Denn: "Breitband ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für die wirtschaftliche Entwicklung", meint August-Wilhelm Scheer, Präsident des Hightechverbands Bitkom. Noch ist in 700 ländlichen Kommunen, darunter auch die Küsten von Schleswig-Holstein und Niedersachsen, eine schnelle Verbindung ins Netz nicht möglich. Das soll sich dank der neuen Frequenzen bis zum Jahresende ändern. Sie ermöglichen eine schnelle Datenübertragung über das mobile Internet, wo das Verlegen von Kabeln für den Webzugang per Festnetz zu teuer wäre. "Die Bedeutung der Auktion für den Standort Deutschland ist daher kaum zu überschätzen", betont Scheer.

Auch für die zukünftige Aufteilung des Telekommunikationsmarkts ist die Auktion von entscheidender Bedeutung. Denn der Datenverkehr mit Videos, Musik und E-Mails in den Handynetzen boomt. 2009 haben Smartphone- und Laptopnutzer nach Bitkom-Angaben dreimal so viel über das mobile Internet heruntergeladen wie im Vorjahr. "Und das ist erst der Anfang", vermutet Kurth. Der Knackpunkt: Nur wer ein leistungsfähiges Netz besitzt, kann im Kampf um die Kunden mithalten. Die freien Frequenzen reichen aber nicht, damit alle vier Konkurrenten ihr Netz ausbauen können. Branchenexperten sehen vor allem den drittgrößten Netzbetreiber E-Plus unter Zugzwang, der nach einer Studie des Marktforschers Bernstein Research bislang in Sachen Netzqualität weit abgeschlagen ist. Da die wirksamste Waffe in diesem Kampf Geld ist, sehen sich die kleineren Netzbetreiber E-Plus und O2 benachteiligt. Sie versuchten bereits vor Monaten, die Versteigerung wegen Wettbewerbsvorteilen für die Platzhirsche Telekom und Vodafone gerichtlich zu verhindern - allerdings vergebens.

So wird am Montag in der Mainzer Kaserne eine hoch komplizierte wochenlange Auktion beginnen. Extra geschulte Vertreter der vier Firmen werden in getrennten Räumen auf Frequenzpakete mit einem Gesamtvolumen von 360 Megahertz bieten. Analysten rechnen mit Einnahmen zwischen drei und sieben Milliarden Euro. Ganz oben auf der Wunschliste der Konkurrenten stehen die leistungsfähigen Frequenzen im Bereich um 800 Megahertz. "Die Mobilfunkunternehmen benötigen auf diesem Frequenzband weniger Funkstationen als auf höheren Frequenzen", erklärt WestLB-Experte Tarkan Cinar.

Das begehrte Paket stammt aus dem analogen Erbe von Rundfunk- und Fernsehanstalten. Deren Signale brauchen seit der Umstellung auf Digitaltechnik nur noch ein Viertel des bisherigen Platzes. Die frei werdenden Bereiche schaffen im Mobilfunk Raum für die neue LTE-Technik (Long Term Evolution, zu deutsch: langfristige Entwicklung). Dieser Nachfolger des UMTS-Standards ist auf rasante Datenübertragung ausgerichtet und ermöglicht ein bis zu 100-mal schnelleres Downloadtempo als DSL-Anschlüsse. "Dank LTE werden Mobilfunknetze eine echte Alternative zu DSL oder Kabelanschluss", sagt Bitkom-Vorstand Herbert Merz. Da auch das Telefonieren über das Netz damit problemlos möglich wird, könnte die neue Technik sogar den Abschied von der guten alten Telefondose einläuten.