Hamburg. Mit ihrem am 26. März beschlossenen Notfallpaket wollten die Regierungen der Euro-Länder die Schuldenkrise Griechenlands unter Kontrolle bringen - doch diese Hoffnung hat sich schon nach knapp zwei Wochen zerschlagen: Für griechische Staatsanleihen verlangten Anleger gestern so hohe Risikoaufschläge wie nie zuvor. Der Renditeabstand zwischen griechischen und deutschen Staatspapieren mit zehnjähriger Laufzeit kletterte auf den Rekordwert von 4,12 Prozentpunkten.

Gleichzeitig geriet der Euro weiter unter Druck. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs am Mittag auf 1,3340 Dollar fest, während die Gemeinschaftswährung am Vortag noch mit knapp 1,34 Dollar notiert hatte. Für die nächsten Tage und Wochen gebe es noch "erhebliche Abwärtsrisiken", sagte Andreas Rees, Deutschland-Chefvolkswirt von Unicredit, dem Abendblatt. Er schließt auch Euro-Kurse unterhalb von 1,30 Dollar nicht aus.

Gleich mehrere Faktoren trugen dazu bei, das Vertrauen auf eine Rettung Griechenlands vor dem Bankrott zu erschüttern. So waren am Markt Spekulationen aufgekommen, die Regierung in Athen wolle die strengen Bedingungen des Internationalen Währungsfonds (IWF), die ein Bestandteil der Einigung vom 26. März waren, umgehen. Finanzminister Giorgos Papakonstantinou wies die Gerüchte umgehend zurück.

Unruhe löste zudem eine Studie der Commerzbank aus, wonach die griechischen Bürger allein zwischen Jahresanfang und Ende Februar fast acht Milliarden Euro bei den Banken des Landes abgehoben und unter anderem in die Schweiz, nach Zypern und Großbritannien überwiesen haben. Der Betrag entspreche immerhin rund vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Später dementierte das griechische Finanzministerium die Studie jedoch. Bekannt wurde gestern allerdings, dass die Regierung den Banken 15 Milliarden Euro als zinsloses Darlehen zur Verfügung stellt, damit die Geldhäuser den Kreditfluss an die Unternehmen wieder in Gang bringen.

Aber auch der EU-Notfallplan selbst werde von Investoren inzwischen mit einem "gewissen Misstrauen" betrachtet, sagte Rees. Die Vereinbarung sieht vor, dass Griechenland im äußersten Notfall, also bei akuter Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit, eine Mischung aus Hilfen des IWF und bilateralen Krediten anderer Euro-Staaten erhalten soll. "Anleger mögen diese Konstellation nicht besonders", so Rees. So gebe es Unklarheit über das genaue Vorgehen und offenbar könne man sich auch nicht über die Zinsen einigen, die Athen für die Kredite aus Europa zahlen müsste. Nach Informationen der "Financial Times Deutschland" will die Bundesregierung sechs bis 6,5 Prozent verlangen, während die meisten anderen Euro-Länder für vier bis 4,5 Prozent plädierten.

Mitte Mai steht den Griechen der nächste Vertrauenstest ins Haus: Athen muss dann Anleihen von 8,5 Milliarden Euro refinanzieren. "Immer dann, wenn Griechenland an den Markt muss, werden negative Gerüchte aufkommen, die auch den Euro drücken", erwartet Jochen Intelmann, Chefvolkswirt der Haspa. Er sieht jedoch keinen Anlass zur Beunruhigung: "Der Euro ist beileibe keine schwache Währung. Mit Kursen zwischen 1,30 und 1,40 Dollar, die wir für die nächsten Monate erwarten, kann Europa gut leben." Schließlich sei damit auch Deutschlands Exportwirtschaft deutlich wettbewerbsfähiger als bei einem Euro-Kurs von 1,50 Dollar, wie er noch Ende vorigen Jahres bestand.