Göteborg. Die aufstrebende Autogroßmacht China übernimmt mit Volvo erstmals eine europäische Traditionsmarke. Gestern unterzeichneten der Volvo-Mutterkonzern Ford und der chinesische Autohersteller Geely den Verkaufsvertrag für den schwedischen Hersteller. Geely will die bisherige Produktion von gut 300 000 Personenwagen pro Jahr durch den Absatz auf dem eigenen Riesenmarkt innerhalb weniger Jahre verdoppeln.

Als Kaufpreis nannte Ford 1,8 Milliarden Dollar (1,3 Milliarden Euro). Davon sollen 1,6 Milliarden Dollar in bar gezahlt werden. Wie beide Unternehmen mitteilten, sollen letzte Details bis Ende des dritten Quartals geklärt werden. Als offen gilt dabei unter anderem ein Kredit der Europäischen Investitionsbank (EIB) über 445 Millionen Euro. Er war Volvo für Neuentwicklungen schon bewilligt worden, ehe Geely sich mit Ford auf die Übernahme geeinigt hatte. Unter anderem wegen hoher chinesischer Staatssubventionen für Geely müsse der Kredit neu geprüft werden, hieß es in Stockholm.

Der künftige Volvo-Eigner ist Chinas größter privat betriebener Autohersteller und hat selbst eine Jahresproduktion von etwa 300 000 Fahrzeugen. Für den Volvo-Verkauf im eigenen Land hat Geely-Chef Li Shufu den Bau einer neuen Fabrik vor den Toren Pekings angekündigt. Die bisherige Fertigung in Schweden sowie im belgischen Gent mit insgesamt gut 20 000 Mitarbeitern soll unverändert weitergeführt werden.

Li Shufu sagte nach der Vertragsunterzeichnung: "Diese Übernahme sichert Volvos weltweite, führende Rolle im Premiumsegment der Autoindustrie." Geely werde den herausragenden Ruf von Volvo bei Sicherheit, Qualität, Umweltbewusstsein und modernem skandinavischem Design sorgsam pflegen. Ford-Konzernchef Alan Mulally erklärte zu den Hintergründen für den Verkauf durch sein Unternehmen: "Dadurch können wir uns stärker auf unsere eigene Marke konzentrieren." Ford will Volvo als Geely-Tochter weiterhin mit Komponenten beliefern und technisches Know-how zur Verfügung stellen. Die schwedische Tochter war in der Finanzkrise tief in die roten Zahlen gerutscht, hat sich aber in den vergangenen Monaten wieder deutlich erholt. Der bisherige Volvo-Chef Stephen Odell erklärte: "Wir als Management stehen voll hinter dem Verkauf an Geely." Kurz vor der Unterzeichnung des Kaufvertrags unterstützten auch die bei Volvo vertretenen Gewerkschaften den Verkauf. Man habe von Geely-Chef Li Shufu alle nötigen Informationen über die Finanzierung der Übernahme erhalten und sei "beruhigt", erklärte ein Gewerkschaftssprecher.