Geht es an der Börse aufwärts? 2010 werden 30 Neuemissionen erwartet. Analysten rechnen mit einem DAX-Anstieg bis zu 7000 Punkten.

Hamburg. Auf Frankfurts Börsenparkett läutet wieder die Glocke - als Zeichen für einen erfolgreichen Börsengang. Adrian von Hammerstein, Vorstandsvorsitzender von Kabel Deutschland, setzte gestern höchstpersönlich das akustische Signal, als der erste Kurs seiner Aktie feststand: 22,50 Euro. Das sind zwar nur 50 Cent oder 2,3 Prozent mehr als der Ausgabepreis. Doch heute gilt schon ein kleines Plus als Erfolg, nachdem sich in den vergangenen Monaten kaum ein Unternehmen auf das Börsenparkett traute. Kabel Deutschland - mit neun Millionen Haushalten der größte Betreiber für Kabelfernsehen in Deutschland - gilt auf dem Parkett als Eisbrecher für weitere Emissionen.

"Das Umfeld für Börsengänge ist jetzt gut", sagt Falko Bozicevic, Chefredakteur des "GoingPublic"-Magazins, einem Branchenblatt für Börsengänge. "Noch fehlt es allerdings an Börsengängen mit einer überzeugenden Wachstumsstory", sagt der Experte. Denn bei Kabel Deutschland gehe es lediglich darum, dass die Alteigentümer Kasse machen wollten. "Das reißt Anleger nicht vom Hocker", sagt Bozicevic. 38 Prozent der Anteile wurden angeboten, die Emission war mehrfach überzeichnet, die Nachfrage also größer als das Angebot. Der Erlös von 760 Millionen Euro aus dem Börsengang kommt jedoch ausschließlich dem Mehrheitsaktionär, dem US-Finanzinvestor Providence, zugute. Experten gehen davon aus, dass die Emissionsbanken den Kurs zunächst auch stützen, um dem Börsengang auf jeden Fall zum Erfolg zu verhelfen.

Klar ist: Kabel ist der größte Börsengang in Deutschland seit November 2007, als der Hamburger Hafenbetreiber HHLA Aktien für 1,2 Milliarden Euro platzierte. Einst rissen sich die Anleger um neue Aktien. Wer das Glück hatte, Papiere von seiner Bank im Losverfahren zu bekommen, konnte über Nacht reich werden. Denn zu Zeiten des Neuen Marktes vor zehn Jahren konnte sich der Wert der Aktien kurz nach der Erstnotierung verdoppeln. Diese Zeiten werden sich nicht so schnell wiederholen.

Dennoch dürfte der Markt wieder in Schwung kommen. Bozicevic rechnet in diesem Jahr mit bis zu 30 Börsengängen, was einer Verzehnfachung gegenüber dem Vorjahr entsprechen würde. Allein bis Ende März werden drei Firmen an die Börse gehen: das Hamburger Modeunternehmen Tom Tailor, der Chemiehändler Brenntag und der chinesische Badarmaturenhersteller Joyou.

Für die nächsten Monate rechnen die meisten Banken mit weiteren Kurssteigerungen, wie eine Umfrage des Abendblatts ergab. Was die Experten erwarten:

Deutsche Bank

Die größte deutsche Bank sieht den Deutschen Aktienindex (DAX) bis Ende des Jahres bis auf 6800 Punkte steigen. "Aktien sind noch günstig bewertet, während Staatsanleihen wegen der niedrigen Zinsen unattraktiv bleiben", sagt Ulrich Stephan von der Deutschen Bank. Anleger sollten sich aber nicht nur auf den DAX konzentrieren. Es lohne sich, den Blick auch auf Asien und Lateinamerika zu richten. "Solche Investments lassen sich am besten mit Investmentfonds umsetzen", sagt Stephan.

Hamburger Sparkasse

Die Prognose des Marktführers in Hamburg für den DAX reicht bis 7000 Punkte. "Sobald es eine Lösung für die griechischen Finanzprobleme gibt, wird der Markt weiter anziehen", sagt Jochen Intelmann von der Hamburger Sparkasse. Spätestens im Mai rechnet der Experte mit einem Durchbruch, wenn Griechenland weitere Finanzierungen im Umfang von 20 Milliarden Euro gestemmt hat. "Wenn Börsengänge gut laufen, ist das ein gutes Zeichen", sagt Intelmann. Er favorisiert dividendenstarke Titel wie E.on oder Hannover Rück.

M.M. Warburg & CO

Bis Mitte des Jahres traut die Hamburger Privatbank M.M. Warburg & CO dem DAX noch acht bis zehn Prozent zu. Gegen Ende des Jahres sehen die Experten das Kursbarometer wieder bei 6000 Punkten. "Die Dynamik des Marktes wird sich nicht über die Jahresmitte fortsetzen, weil Konjunkturimpulse auslaufen", sagt Carsten Klude von M.M. Warburg & CO.

Berenberg Bank

Die Hamburger Berenberg Bank sieht für den DAX noch ein Potenzial bis 6500 Punkte. Mehr sei nicht drin, weil die Firmen erst 2012 ihr Leistungsniveau von vor der Krise erreichen werden und die bisherige Erholung schon kräftig ausgefallen ist. "Es gibt aber auch keine Hinweise auf einen großen Einbruch", sagt Maik Rückert von der Berenberg Bank.