Die weißen Metalle Platin und Palladium werden vor allem von der Industrie verwendet. Seit Monaten legen die Preise zu - stärker als Gold und Silber.

Hamburg. Edelmetalle gehörten im vergangenen Jahr zu den Geldanlagen mit der besten Rendite, und auch für 2010 zählen sie zu den Favoriten der Analysten. Privatanleger denken dabei zuallererst an Gold, manche interessieren sich auch für Silber. Platin und Palladium dagegen bleiben nahezu unbeachtet. Dabei können sie sogar deutlich höhere Preissteigerungen vorweisen: Seit Anfang 2009 haben die Notierungen um 68 beziehungsweise 143 Prozent angezogen. "Diese beiden Metalle finden definitiv zu wenig Beachtung", findet Daniel Briesemann, Rohstoffexperte bei der Commerzbank. Sein Kollege Thorsten Proettel von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) hat eine Erklärung dafür: "Gold- und Silbermünzen beschäftigen die Menschheit seit mehr als 2500 Jahren."

Die beiden chemisch eng miteinander verwandten Metalle Platin und Palladium werden dagegen erst seit wenigen Jahrzehnten in größerem Umfang genutzt - weit überwiegend für industrielle Zwecke: Mehr als 40 Prozent der Palladium-Nachfrage entfielen im vergangenen Jahr auf die Herstellung von Abgaskatalysatoren für Autos, beim Palladium waren es sogar knapp 60 Prozent.

Wegen dieser industriellen Nutzung erwarten Marktbeobachter vor dem Hintergrund der weltweiten Konjunkturerholung eine weiterhin positive Preisentwicklung. "Läuft die Wirtschaft wieder rund, werden mehr Autos gekauft, gerade in Schwellenländern", sagt Proettel. Zudem seien beide Metalle in Asien für die Schmuckherstellung gefragt. Der LBBW-Experte sieht den Platinpreis zum Jahresende bei 1700 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Briesemann nennt den gleichen Kurs.

Nach seiner Einschätzung dürfte sich Platin bis Ende 2011 auf 1800 Dollar weiter verteuern. Für Palladium erwartet er einen Anstieg der Notierungen in diesem Jahr auf 500 Dollar und weiter auf 550 Dollar im kommenden Jahr.

Noch optimistischer für Platin sind die Analysten bei Credit Suisse: Sie prognostizieren für die Jahresmitte 2011 einen Preis zwischen 1800 und 1900 Dollar je Feinunze, Palladium werde dann zwischen 450 und 500 Dollar notieren. Für Gold rechnet Credit Suisse nur mit einer Seitwärtsbewegung in der Spanne zwischen 1100 und 1200 Dollar.

Zu den positiven Aussichten für die "weißen" Metalle trägt bei, dass sie nun zunehmend auch von Anlegern entdeckt werden. So ist im Januar in den USA für beide Rohstoffe je ein börsengehandelter Fonds (ETF) aufgelegt worden - es waren die ersten in den USA für diese Metalle. Bei solchen Fonds, die es in Europa schon länger gibt, muss das Anlagegut physisch hinterlegt sein. Der Marktstart löste einen regelrechten Nachfrageansturm aus: "Der Platin-Fonds umfasst schon 270 000 Feinunzen, was vier Prozent der Weltjahresproduktion entspricht", sagt Briesemann. Beim Palladium-Fonds seien es 470 000 Unzen oder mehr als sechs Prozent der Jahresproduktion.

Allerdings hat der steigende Anteil von Investoren an der Nachfrage auch eine Kehrseite: "Die Schwankungsanfälligkeit und damit das Rückschlagpotenzial nimmt erheblich zu", erklärt Briesemann. Zudem seien die Märkte für Platin und Palladium mit einem Volumen von je rund 250 Tonnen pro Jahr sehr viel kleiner als die für Gold (4000 Tonnen) und Silber (2800 Tonnen). Schon dies sorgt für stärkere Ausschläge.

Kräftigere Preisbewegungen nach oben könnten nach Ansicht der Experten nicht zuletzt aus Engpässen in der Förderung resultieren. Etwa 80 Prozent der weltweiten Platin-Fördermenge stammen aus Südafrika. "Dort sehen wir massive Produktionsprobleme", sagt Briesemann. "Die Minen sind veraltet, die Kosten steigen."

Zudem habe es zuletzt immer wieder Schwierigkeiten bei der Stromversorgung gegeben, und dies könne sich in diesem Sommer noch verschärfen, wenn sich der staatseigene Stromanbieter Eskom in erster Linie auf die sichere Versorgung der Austragungsorte der Fußball-Weltmeisterschaft konzentriere: "Südafrika möchte sich vor der Weltöffentlichkeit schließlich nicht blamieren." Hinzu kommen Streiks - wie vor wenigen Tagen in der Mine Smokey Hills, an deren Betreibergesellschaft Platinum Australia sich der legendäre US-Investor George Soros im vergangenen Oktober mit neun Prozent beteiligt hat.

Eher für Platin als für Gold spricht nach Einschätzung von Briesemann auch ein markttechnisches Argument: Während das gelbe Metall aktuell nicht weit von seinem Allzeithoch (etwas oberhalb von 1200 Dollar im November 2009) entfernt notiert, ist der Abstand zum historischen Höchststand beim Platin (rund 2300 Dollar im März 2008) sehr viel größer.

Für Privatanleger, die in Platin oder Palladium investieren wollen, kommen außer Fonds auch Zertifikate infrage. "Dabei sollte man unbedingt auf eine gute Bonität des Emittenten achten", sagt Proettel - denn anders als bei Fonds muss hier kein Metall physisch hinterlegt werden. Im Fall einer Pleite der Bank, von der das Papier stammt, droht der Totalverlust. Dafür gibt es Zertifikate, die eine Währungsabsicherung bieten. Sie schalten - gegen entsprechende Gebühr - das Risiko aus, dass ein Preisanstieg des in Dollar notierenden Metalls durch eine Verteuerung des Euro "aufgefressen" wird.

Selbstverständlich kann man Platin oder Palladium auch in physischer Form als Münzen oder Barren kaufen. Abgesehen von den Kosten für eine sichere Aufbewahrung gibt es jedoch ein weiteres Argument, das dagegen spricht: "Es fallen 19 Prozent Mehrwertsteuer an, anders als beim Kauf von Fondsanteilen", sagt Proettel. Ein 100-Gramm-Platin-Barren hat aktuell einen reinen Materialwert von rund 3700 Euro.