Hamburg/Brüssel. Die Fischereipolitik der Europäischen Union steht vor einem massiven Umbruch. Als eine erste Reaktion auf die überfischten Meere will die neue EU-Kommission den 27 Mitgliedsländern heute vorschlagen, sich für ein weltweites Handelsverbot von Rotem Thunfisch einzusetzen.

Das kündigte die EU-Kommissarin für Fischerei und Maritime Angelegenheiten, Maria Damanaki, im Abendblatt an. Sollten die Länder dem Vorschlag zustimmen, könnte die EU bei der nächsten Vertragsstaatenkonferenz des Washingtoner Artenschutzabkommens (CITES) im März in Doha (Katar) das Handelsverbot zur Abstimmung bringen. Zuvor hatte bereits das Europaparlament dafür gestimmt, den Roten Thunfisch mit einem Handels- und Exportverbot vor der Ausrottung zu bewahren. Die EU hat bei der Versammlung der 175 CITES-Mitglieder 27 Stimmen.

Der Rote Thunfisch wird vor allem in Japan, aber auch in Europa und den USA für Sushi verarbeitet. Etwa 80 Prozent des im Mittelmeer gefangenen Roten Thuns wird nach Japan exportiert. Auch durch illegale Fänge ist die Fischart in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen. Die Naturschutzorganisation WWF spricht von einem Zustand "kurz vor der Auslöschung".

EU-Kommissarin Damanaki aus Griechenland kündigte zudem an, weitere Schritte gegen die sinkenden Fischbestände in den europäischen Meeren einzuleiten. "Die Überfischung der Meere darf nicht länger unsere Antwort auf die Zukunft der Fischerei sein. Wir müssen umdenken zu einer nachhaltigen Fischereipolitik", sagte Damanaki dem Abendblatt. Sie betonte: "Die besonderen Maßnahmen, die nun den Thunfischfang betreffen werden, sind dabei nur der Anfang." Das Ziel der EU-Kommission sei es, "eine nachhaltige Zukunft für die Fischer und Küstenregionen zu schaffen". Sie fügte hinzu: "Dafür brauchen wir in den europäischen Meeren sowie weltweit gesunde Fischbestände."

Rund 80 Prozent der Fischbestände in den Weltmeeren sind nach Angaben der Vereinten Nationen überfischt oder werden bis an die Grenzen ausgebeutet. In der EU ist der Zustand noch dramatischer: Hier sind 88 Prozent der Speisefischbestände überfischt. Nirgendwo sonst auf der Welt werden die Meere derart stark ausgebeutet. Als besonders gefährdet gelten in den europäischen Gewässern neben den meisten Thunfisch- und Lachsarten auch Aal, Dorsch und Scholle. In den hiesigen Gewässern ist die EU für den Schutz der Fischpopulationen zuständig und versucht bislang vergeblich, mit Fangquoten und strengen Fischereirichtlinien den Artenreichtum der Meere zu schützen.