Hamburg. Die Krise der offenen Immobilienfonds lebt wieder neu auf. Gestern kündigte der 2,8 Milliarden Euro schwere Fonds Axa Immoselect an, die Rücknahme von Fondsanteilen um weitere neun Monate auszusetzen. Der Fonds ist bereits seit Mitte November geschlossen, sodass die Anleger nicht mehr an ihr Geld kommen. "Grund ist die unzureichende Liquidität zur Bedienung der zu erwartenden Anteilscheinrückgaben", sagt Fondsmanager Achim Gräfen. Es wird also erwartet, dass die Anleger in Scharen aus dem Fonds flüchten wollen.

"Das ist ein schlechtes Signal für die gesamte Branche, die inzwischen mit einem großen Vertrauensverlust der Anleger zu kämpfen hat", sagt Beatrix Boutonnet vom Branchendienst Fondstelegramm dem Abendblatt. Seit der Finanzkrise sind die als sehr sicher geltenden offenen Immobilienfonds in eine Krise geraten. Im Herbst 2008 mussten mehr als ein Dutzend Fonds vorübergehend schließen, weil die Wünsche der Anleger nach Auszahlung nicht mehr erfüllt werden konnten. Ein Drittel der Anlegergelder von knapp 90 Milliarden Euro war damals blockiert. Die Fonds leiden unter dem Problem, dass die Anleger prinzipiell jederzeit an ihr Geld können, der größte Teil aber in Immobilien investiert ist. Nur fünf Prozent des Fondsvermögens müssen als liquide Mittel vorgehalten werden, um Rücknahmewünsche von Kunden zu erfüllen. Immobilien lassen sich aber nicht so schnell verkaufen wie Aktien.

"Die Aussetzung der Anteilsrücknahme kann auf bis zu zwei Jahre ausgedehnt werden", sagt Felix Fortelka vom Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) dem Abendblatt. In dieser Zeit sei die Fondsgesellschaft verpflichtet, Immobilien zu angemessenen Bedingungen zu verkaufen. "Käufer der Immobilien haben gegenwärtig Probleme eine Finanzierung zu bekommen", sagt Michael Birnbaum, Sprecher der Investmentgesellschaft KanAm. Ihr offener Immobilienfonds US-Grundinvest ist bereits seit Ende Oktober 2008 geschlossen. "Vor allem größere Immobilien können derzeit kaum verkauft werden", sagt Branchenexpertin Boutonnet. Nach Ablauf des zweiten Jahres müssen wieder Anteile zurückgenommen werden. Dazu können auch die Immobilien beliehen werden. Während es einer Reihe von Fonds gelungen war, ihre Liquiditätssituation dauerhaft in den Griff zu bekommen, sind gegenwärtig insgesamt noch sieben offene Immobilienfonds geschlossen. Sie verwalten rund zehn Prozent des Vermögens in dieser Fondsart in Höhe von insgesamt 87 Milliarden Euro.

Das Aufleben der Krise bei den offenen Immobilienfonds wurde durch die massive Abwertung von Immobilien beim Fonds Degi Global Business ausgelöst. Der Fonds verlor auf einen Schlag 21,6 Prozent seines Wertes - ein einmaliger Vorgang in der 50-jährigen Geschichte der offenen Immobilienfonds. Zwar sind bei diesem Fonds kaum Privatanleger betroffen, weil die Mindestanlagesumme bei 75 000 Euro liegt. Aber die Furcht vor Kursverlusten, die für offene Immobilienfonds bisher völlig untypisch sind, traf auch andere Produkte. So setzte die Fondsgesellschaft Aberdeen die Rücknahme des Degi International um neun Monate aus. Auch der TMW Immobilien Weltfonds musste erneut für drei Monate geschlossen werden.

Betroffene Anleger können ihre Anteile nur noch über die Börse Hamburg veräußern. Je nach Fonds liegen dort die Abschläge auf den offiziellen Fondswert zwischen fünf und 25 Prozent.