EU verordnet überschuldetem Mitgliedsland harte Auflagen. DAX rutscht nach Bekanntgabe der Maßnahmen ab. Goldpreis steigt. Politiker fordern härtere Einschnitte.

Hamburg. Die Europäische Union hat ihrem Mitglied Griechenland harte Auflagen verordnet, um die schwere Schuldenkrise des Landes zu überwinden. Die EU-Finanzminister beschlossen gestern in Brüssel ein striktes Sparprogramm und die Überwachung des griechischen Staatshaushalts, eine Zwangsverwaltung.

Die Finanzmärkte halten diese Schritte offenbar nicht für ausreichend. Der DAX, Leitindex der deutschen Börse, gab direkt nach Bekanntgabe des EU-Beschlusses im Sturzflug nach. Später zogen gute Werte an den US-Börsen den DAX allerdings wieder nach oben.

Eine Reaktion auf Griechenland zeigte auch das als krisensicher geltende Gold. Der Preis stieg um ein Prozent auf 817,59 Euro je Feinunze. "Solange die Schuldenkrise in Griechenland nicht ad acta gelegt ist, rechne ich mit weiter steigenden Preisen bei Gold", sagte Frank Schallenberger von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW).

Griechenland soll seine Verschuldung von derzeit rund 300 Milliarden Euro deutlich zurückfahren. Dem Land droht die Zahlungsunfähigkeit. Akteure am Finanzmarkt nutzen diese Schwäche aus und spekulieren auf weiter fallende Euro-Kurse, gestern jedoch erfolglos. Im vergangenen Jahr verzeichnete Griechenland bei der Neuverschuldung einen Rekordwert in der EU von 12,7 Prozent. Erlaubt sind nach den Statuten des Euro-Raums aber nur drei Prozent. In diesem Jahr soll das Land seine Neuverschuldung laut EU-Vorgabe um vier Prozentpunkte senken.

EU-Politiker ließen gestern keinen Zweifel daran, dass die Gemeinschaft Griechenland nicht aus seiner Pflicht entlassen werde. "Griechenland wird Mitte März zusätzliche Maßnahmen vorschlagen müssen, um die Reduktionsziele in diesem Jahr zu erreichen", sagte EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn nach dem Treffen der EU-Finanzminister. Dem pflichtete Jörg Asmussen, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, bei: "Wir denken schon, dass zusätzliche Maßnahmen von Griechenland erforderlich sind." Weitere, harte Auflagen forderte auch Österreichs Finanzminister Josef Pröll: "Die Griechen haben in einer Art und Weise in die Tasten zu greifen, wie das selten der Fall war."

Bis zum 16. März soll die Regierung in Athen darlegen, ob weitere Einschnitte nötig sind, um das Defizit in diesem Jahr wie geplant zu senken. Bis 2012 soll Griechenlands Neuverschuldung wieder die EU-Höchstgrenze von drei Prozent einhalten. Ein wesentlicher Grund für die hohe Schuldenlast des südeuropäischen Landes ist der wuchernde Staatshaushalt, der in den vergangenen Jahren sogar noch erhöht wurde und der rund die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts umfasst. Zudem leidet das Land unter einer schlechten Arbeitsproduktivität und damit an schwindenden Exportchancen.

Der Ökonom Wolfgang Gerke, Leiter des Bayerischen Finanz Zentrums, untermauerte seine Forderung, Griechenland müsse den Euro-Raum auf absehbare Zeit verlassen: "Mir fehlt der Glaube, dass Griechenland mit den von der EU beschlossenen Schritte seine Finanzkrise überwinden kann", sagte er dem Abendblatt. "Ein Austritt aus dem Euro-Raum wäre im Einvernehmen mit der EU kein Problem. Griechenland könnte mit der Rückkehr zu seiner alten Währung Drachme seine Wirtschaft deutlich besser steuern, wenn auch um den Preis einer höheren Inflation. Den Wiedereintritt in die Euro-Zone sollte man danach nicht überhasten."

Direkte Finanzhilfen der EU an Griechenland wären aus rechtliche Gründen äußerst problematisch. Zudem könnten sie andere EU-Mitgliedsstaaten wie Portugal oder Spanien ermuntern, die Sanierung ihrer Staatshaushalte zu vernachlässigen. Aus verschiedenen EU-Staaten wurden mögliche Hilfen deshalb bereits stark kritisiert, obwohl offen ist, ob solche Hilfen kommen werden: "Griechenland hat nicht um eine Schuldenübernahme gebeten", sagte Finanzminister Giorgos Papakonstantinou gestern.