Weitere Terminschwierigkeiten bei Airbus? Nach dem A380 und dem A400M hat der Luftfahrtkonzern offenbar erneut ein Problem.

Hamburg. Zwei Jahre länger als geplant mussten die Kunden auf den Airbus A380 warten, mindestens drei Jahre werden es beim Militärtransporter A400M sein, der Boeing 787 Dreamliner ist im Dezember mit mehr als zwei Jahren Verzögerung zum Jungfernflug gestartet, und selbst die Jumbojet-Weiterentwicklung Boeing 747-8 hob vor wenigen Tagen mit einem Jahr Verspätung erstmals ab.

Terminüberschreitungen scheinen bei den Flugzeugbauern inzwischen die Regel zu sein - und auch beim geplanten Airbus-Langstreckenjet A350 droht dies offenbar. Schon jetzt zeichne sich ab, dass die Maschine frühestens Ende 2013 und damit mindestens sechs Monate später als vorgesehen auf den Markt kommt, berichtet die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf Branchenkreise. Denkbar sei jedoch auch eine wesentlich größere Verzögerung von bis zu zwei Jahren.

Airbus weist dies zurück. "Wir stehen zu unserer Aussage, das erste Flugzeug Mitte 2013 auszuliefern", sagte ein Firmensprecher dem Abendblatt. "Es ist aber ein komplexes Programm und Herausforderungen bleiben bestehen." So ist der A350 der erste Airbus-Jet, der - wie der Dreamliner von Boeing - weitgehend aus leichtem Kohlefasermaterial anstelle von Metall besteht. Tatsächlich spricht man auch nach Informationen des Abendblatts in Kreisen der Zulieferer davon, dass Airbus bei einzelnen Konstruktionsdetails um etwa ein Jahr hinter dem Zeitplan liegt.

"Alle bisherigen Fälle von Lieferverspätungen haben eines gemeinsam", sagte der Hamburger Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt dem Abendblatt: "Unter dem Druck der Kaufleute neigt man bei den Herstellern dazu, den Zeitbedarf bei der Entwicklung neuer Technologien zu unterschätzen." Der Terminplan werde eng gesteckt, um möglichst schnell die Umsätze aus den Verkäufen hereinzuholen. Speziell beim A350 komme hinzu, dass Airbus dem Konkurrenten Boeing, dessen Dreamliner gegen Ende 2010 auf den Markt kommen soll, bald etwas entgegensetzen müsse. Und schließlich verliere Airbus beim Militärtransporter A400M voraussichtlich mehrere Milliarden Euro. Eine Tatsache, die es erschwere, mögliche Verzögerungen im A350-Programm aufzuholen, indem man hier mehr Ingenieure einsetze, sagte Großbongardt.

Allerdings seien gar nicht immer technische Probleme verantwortlich für die Terminüberschreitungen in dieser Branche, sagte Frank Thielecke, Leiter des Instituts für Flugzeugsystemtechnik an der Technischen Universität Harburg. "Ein moderner Jet ist eine hochkomplexe Maschine und in den Anforderungen an Zuverlässigkeit und Sicherheit überhaupt nicht vergleichbar mit vielen anderen Produkten wie etwa einem Auto", so Thielecke. Deshalb sei aber auch der Entwicklungsprozess hoch komplex, noch dazu werde er heute stets auf den Flugzeugbauer und auf zahlreiche Zulieferer international verteilt. "Damit kommt es darauf an, wie Tausende von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und aus verschiedensten Fachgebieten miteinander arbeiten." In einem solchen Geflecht könne jeder Fehler eine große Tragweite haben.

All dies sei den Erstkunden eines neuen Flugzeugtyps jedoch bewusst, sagte Großbongardt: "Sie lassen immer ein bisschen Luft in der eigenen Terminplanung." Eine Verzögerung von sechs Monaten habe daher keine gravierenden Auswirkungen. "Kritisch kann es werden, wenn es um eineinhalb Jahre oder mehr geht."

Beobachten Sie die wichtigsten Entwicklungen im Wirtschaftsnachrichten-SMS-Dienst auf Ihrem Handy.