Hofheim-Wallau/Hamburg. Der schwedische Möbelkonzern Ikea macht sich daran, den Wohnungsbau in Deutschland aufzurollen: Gemeinsam mit dem Hersteller Bien-Zenker importiert der weltgrößte Möbelhändler sein Hauskonzept Boklok von Skandinavien und Großbritannien auf seinen wichtigsten Markt. Die ersten Schwedenhäuser in Holzrahmenbauweise sollen im Rhein-Main-Gebiet entstehen. Doch ausgerechnet am Sitz der Deutschland-Zentrale in Hofheim regt sich erster Widerstand gegen die "etwas anderen" Reihenhäuschen. Immerhin 80 Einheiten - 60 Reihenhäuser und 20 Wohnungen - will das gemeinsam mit dem Baukonzern Skanska begründete Unternehmen Boklok (schwedisch für "wohne clever") in der ersten Welle bis Ende 2010 in deutsche Ballungsräume stellen. Wiesbaden, Hofheim-Langenhain und Offenbach im Rhein-Main-Gebiet sowie ein Projekt im Großraum Nürnberg nennt Ikea als Standorte, weitere sollen folgen. Auch Hamburg ist im Gespräch.

In der erst langsam angelaufenen Werbung beschwört Einrichtungsexperte Ikea wieder mal skandinavische Werte: Gemeinschaftlichkeit, Naturverbundenheit und natürlich Sparsamkeit. Symbol der in kleinen Siedlungen angelegten, bislang rund 4000 Boklok-Häuser und Wohnungen sind kleine Apfelbäumchen an den Wegen. "Vor zehn Jahren waren die Mieten in Schweden hoch subventioniert. Deshalb haben wir ein Haus entwickelt, das funktioniert, erschwinglich ist und nicht subventioniert werden muss", sagt der Ikea-Weltchef Mikael Ohlsson. Nahezu antikapitalistisch wirkt der Plan, die Häuser und Wohnungen unter den Interessenten zu verlosen, denn "Spekulanten" sollen in Neu-Bullerbü nicht zum Zuge kommen.

Das Idyll mit Billy. Küchen und Bäder stammen selbstredend aus dem Ikea-Sortiment, und eine Einrichtungsberatung gibt es gratis dazu. Am Standort Offenbach wird ein 100-Quadratmeter-Reihenmittelhaus inklusive Grundstück knapp 180 000 Euro kosten - ob das ohne Keller ein Schnäppchen ist, steht dahin. Das Haus hat einen geringen Energieverbrauch. Durch Dämmung und eine effiziente Heizung verbraucht man 30 Prozent weniger Wärmeenergie. Und selbst Hand anlegen - wie beim Billy-Regal - muss man übrigens nicht. "Wir bekommen Anfragen von Interessenten aus dem ganzen Bundesgebiet", sagt Bien-Zenker-Vorstand Philipp Mühlbauer.

Die Häuser selbst kann man bislang nur im Ausland in Augenschein nehmen und zumindest von außen auf dem Parkplatz des Ikea-Marktes in Hofheim. Weitere Infos soll es Anfang März geben, haben die Partner verabredet. "Ein bisschen enttäuscht" ist der Fertigbauer Bien-Zenker aber über die Reaktion im bürgerlichen Hofheim-Langenhain zwischen Wiesbaden und Frankfurt, wo sich die örtliche CDU vorläufig an die Spitze des örtlichen Widerstands gesetzt hat. Die ersten Vorlagen des Projektes hätten ihn und viele andere Bürger abgeschreckt, erzählt Parteichef Frank Härder. Auf den Schwarz-Weiß-Fotos hätten die Gebäude ausgesehen wie "Baracken, in die man zwei Löcher reingestemmt hat". Gemeinsam mit der FDP hat die CDU den Bebauungsplan erst mal gestoppt und verlangt nun weitere Informationen.

"Nicht nachvollziehbar" seien die Bedenken, meint hingegen der Hofheimer Baudezernent Wolfgang Winckler (SPD). Zum Glück seien die Partner "nicht so empfindlich", sodass nach abermaligen Informationsveranstaltungen mit einem baldigen Baubeginn zu rechnen sei. Weniger zimperlich ist die Stadt Offenbach, die ein nicht einfaches Neubaugebiet zu füllen hat. Die Siedlung Lohwald aus Baracken und Hochhäusern war einst ein sozialer Brennpunkt. Die Brache trägt nun den Namen "An den Eichen", der die Vermarktung bislang aber auch nicht so vorangebracht hat. Das Ikea-Konzept für junge Familien soll es nun aber bringen: "Das ist ein Segment, das wir in unserer Stadt gut gebrauchen können", sagt Oberbürgermeister Horst Schneider.