Bonn. Der Informationshunger der Deutschen Telekom in den vergangenen Jahren verstieß nicht nur möglicherweise gegen das Gesetz. Er trug nach Einschätzung von Telekom-Datenschutzvorstand Manfred Balz mitunter auch bizarre, vielleicht sogar beängstigende Züge. Einen seiner Manager etwa ließ der Konzern so offensichtlich verfolgen, dass dieser das mitbekam. Doch damit nicht genug: Im Auftrag des Unternehmens wurden der Manager und seine Frau auch durch Anrufe belästigt.

Solche Vorgänge gab es bei der Telekom gehäuft, wie jetzt eine Datenschutzuntersuchung des Konzerns in Ergänzung zur Spitzelaffäre ergab. Bei der Auswertung von Unterlagen tauchten insgesamt 84 als "kritisch" eingestufte Vorgänge auf, teilte die Telekom gestern in Bonn mit. Die von der Telekom veröffentlichten neuen Fälle lesen sich wie Detektivgeschichten. Von einem Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat bei einer ausländischen Konzerntochter ließ die Telekom ein komplettes Persönlichkeitsprofil erstellen. Neben dem Lebenslauf enthielten die gesammelten Daten auch Angaben zum Immobilienbesitz, Kontobewegungen und sogar Informationen zum Job der Tochter des Aufsichtsrates. Bei den Vorfällen habe die frühere Konzernsicherheit insbesondere Mitarbeiter und Geschäftspartner ausgeforscht, sagte Balz.

Es handle sich jedoch um vereinzelte Vorgänge, die gemessen an Umfang und Systematik mit der im Frühjahr 2008 bekannt gewordenen Bespitzelungsaffäre im Konzern nicht vergleichbar seien, sagte Balz. Die Telekom hatte in den vergangenen Jahren systematisch Telefonverbindungsdaten von Aufsichtsräten des Konzerns und Journalisten ausgewertet, um Informationslecks aufzudecken. Bei den nun identifizierten Vorfällen gebe es nur vereinzelt Überschneidungen zu der Bespitzelungsaffäre.

Von den 84 als kritisch bewerteten Vorfällen ereigneten sich laut Balz gut drei Viertel in den Jahren 2001 bis 2005. Der Großteil davon entfalle auf Vorgänge in Deutschland, ein weiterer großer Teil auf Tochterunternehmen in Osteuropa.

Balz sagte, mit der Veröffentlichung der Ergebnisse wolle die Telekom deutlich machen, dass sie mit der früheren "Unkultur des Misstrauens und mit einem überzogenen Sicherheitsverständnis" brechen wolle.