Läge Bayern am Meer, hätte es dieses Schreibens vermutlich nicht bedurft. Aber weil das politische Berlin den Norden links liegen lässt, haben die norddeutschen Ministerpräsidenten gemeinsam einen Brandbrief an Kanzlerin Angela Merkel verfasst.

Das Schreiben liest sich wie ein später Hilferuf - und das ist es auch. Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern fürchten um Werften und Zulieferer, die Hansestädte um Häfen und Reeder, Hamburg und Schleswig-Holstein um den größten Schiffsfinanzierer der Welt, die HSH Nordbank. Die fünf Länderchefs fordern zu Recht, dass auch die Schlüsselbranche des strukturschwachen Nordens unter einen finanziellen Schutzschirm schlüpfen kann. Denn auch wenn sich die Konjunktur zu erholen beginnt, steht der maritimen Wirtschaft das dicke Ende noch bevor: Zahlreiche Schiffsfinanzierungen müssen in den kommenden Monaten umgeschichtet oder verlängert, fertige Neubauten bezahlt werden. Das Problem: Niemand finanziert mehr, es drohen Überschuldungen und eine Insolvenzwelle. In Berlin aber gibt es bis an die Spitze des Wirtschaftsministeriums Stimmen, die dem Weinbau in Rheinland-Pfalz eine größere volkswirtschaftliche Bedeutung zumessen als Reedern und Schiffsfinanzierern.

Um in der Bundesregierung ein Umdenken zu beschleunigen, müssen alle norddeutschen Politiker den Druck auf Berlin erhöhen und schneller und vor allem einträchtig agieren. Dass die Länderchefs ausgerechnet auf dem Jahrestreffen beim Thema Elbvertiefung schon wieder Differenzen zelebrieren, lässt am Erfolg der Initiative zweifeln.