Hohe Erträge im Investmentbanking. Weniger Boni, dafür mehr Festgehalt. Bankchef gibt sich nachdenklich: “Wir müssen den Menschen dienen.“

Frankfurt/Hamburg. Für Josef Ackermann muss es eine Genugtuung gewesen sein, dieses Ergebnis zu präsentieren: Die Deutsche Bank hat im Krisenjahr 2009 einen Gewinn von fünf Milliarden Euro nach Steuern erzielt, nachdem sie für das Vorjahr mit einem Minus von 3,9 Milliarden Euro erstmals in ihrer Geschichte einen Verlust verbuchen musste. Die Dividende soll von 50 auf 75 Cent je Aktie steigen.

"Wir haben in einer schwierigen Zeit außergewöhnliche Stärke bewiesen", sagte Konzernchef Ackermann - wobei sich der deutsche Branchenprimus vor allem auf seine traditionelle Stärke im Investmentbanking, also die Geschäfte am Kapitalmarkt, stützen konnte: Zwei Drittel des Gewinns kommen aus diesem Bereich. Dabei profitierte die Deutsche Bank nicht zuletzt davon, dass einstige Wettbewerber wie Lehman Brothers oder Bear Stearns im Zuge der Finanzkrise vom Markt verschwunden sind. Aus dem gleichen Grund konnte etwa der US-Konkurrent Goldman Sachs für 2009 einen Gewinn von umgerechnet fast neun Milliarden Euro ausweisen, bei JPMorgan Chase waren es gut acht Milliarden Euro.

"Es beginnt in Teilen der Finanzwirtschaft schon wieder die Art von Geschäftspolitik, die die Finanzmärkte in die Krise geführt hat", kritisierte Heinrich Haasis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands.

Ackermann ging gestern von sich aus auf das vielfach geäußerte Argument ein, die Großbanken hätten sich weitgehend von ihrer ursprünglichen Rolle als Treibriemen im Wirtschaftskreislauf verabschiedet: "Wir wissen, Banken können in einer Parallelwelt nicht gedeihen", sagte Ackermann. "Sie brauchen die Zustimmung der Menschen, und das heißt: Sie müssen in ihrem Tun nicht nur der sogenannten realen Wirtschaft dienen, wie es oft heißt, nein, mehr noch: Sie müssen den Menschen dienen."

Die Bank wisse um die besondere Bedeutung des Kreditgeschäfts für den Mittelstand und habe trotz des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds die Kreditvergabe an diesen Kundenkreis "so gut wie stabil" gehalten.

Ackermann zeigte sich auch gegenüber Forderungen nach strengeren Spielregeln für die Branche einsichtig: "Ein verlässlicher Regulierungsrahmen, eine effektive Aufsicht und eine intakte Risikodisziplin, man kann auch sagen Risikomoral, liegen in unserem ureigenen Interesse." Denn schließlich habe die Krise gezeigt, dass die Existenz von Finanzkonzernen auch dadurch in Gefahr geraten kann, dass "ein Wettbewerber zu hohe Risiken eingeht".

Dabei versuchen die Geldhäuser offenbar zum Beispiel bei den umstrittenen Boni, den Vorschriften der Aufsichtsbehörden zuvorzukommen. So gab es nach den Worten von Ackermann beim Weltwirtschaftsforum in Davos vor wenigen Tagen ein Treffen von Bankern, in dem über eine Selbstregulierung der Banken bei Bonuszahlungen gesprochen wurde. Die Deutsche Bank habe ihr Vergütungssystem bereits geändert: "Wir reduzieren den variablen Gehaltsbestandteil zugunsten des fixen Teils", wobei es je nach Land und Verantwortungsstufe um fünf bis 30 Prozent des bisherigen Festgehalts gehe. Neben Bonuszahlungen in guten Zeiten werde es in schlechten Zeiten auch "Mali" geben: Die Boni werden erst mit mehreren Jahren Verzögerung ausgezahlt und können im Fall von Verlusten auch zurückgefordert werden. Mit diesen Änderungen habe man das Vergütungssystem freiwillig umgestellt - ein Jahr früher als von den Regierungen der 20 führenden Industrienationen gefordert. Außerdem sei der besonders risikoreiche Eigenhandel drastisch reduziert worden.

Zwar habe das Jahr 2010 für die Deutsche Bank "vielversprechend" begonnen, sagte Ackermann. Er warnte aber davor, sich im Hinblick auf den Wirtschaftsaufschwung "in falscher Sicherheit" zu wiegen. Die Erholung sei noch fragil und keineswegs selbsttragend.

Analysten zeigten sich von der Präsentation ohnehin nicht durchgehend begeistert. Sie wiesen unter anderem darauf hin, dass der für 2009 ausgewiesene Gewinn einen Sonderertrag von immerhin 554 Millionen Euro enthält. Er stammt aus Steuergutschriften vor allem bei US-Töchtern. Für Skepsis sorgte zudem, dass Ackermann keine Prognose für 2010 wagte.