Im Schweizer Bergort werden 2500 hochkarätige Gäste erwartet. Die Regulierung der Finanzmärkte ist eines der zentralen Themen.

Hamburg. An Stoff für Debatten hat es den Gästen des Weltwirtschaftsforums nie gemangelt. Eine Krise wie diese aber ist und bleibt eine Diskussionsgrundlage von ganz besonderer Brisanz. Schon im vergangenen Jahr stand die Weltwirtschaftskrise mit all ihren Folgen im Mittelpunkt der hochkarätig besetzten Konferenz. In diesem Jahr nun lädt der Gründer und Veranstalter des Forums, der deutsche Ökonom Klaus Schwab, zum 40. Mal in den Schweizer Bergort Davos - und die Krise ist längst nicht überstanden. 2500 hochkarätige Gäste wollen in zahlreichen Foren und Arbeitsgruppen darüber beraten, was dagegen getan werden kann und muss.

Ging es 2009 eher um die massiven staatlichen Eingriffe zur Stützung der Wirtschaft, wird bei diesem Forum vor allem die nötige Regulierung der Finanzmärkte im Mittelpunkt stehen. Der Zeitpunkt passt genau. Vor wenigen Tagen erst hat US-Präsident Barack Obama weitreichende gesetzliche Schritte zur Entflechtung des spekulativen Investmentgeschäfts und des klassischen Bankgeschäfts in den Vereinigten Staaten angekündigt. "Wir wollen die Regierungen - und speziell die Staatengruppe der G20 - in ihren Bemühungen unterstützen, die systemischen Risiken der Finanzmärkte zu identifizieren, um die Wirtschaft zu stabilisieren und sie wieder aufzubauen", sagt Schwab. "Die Finanzwelt, die hier in Davos stark vertreten sein wird, ist nicht nur Teil des Problems, sondern auch ein unverzichtbarer Teil der Lösung. Sie bleibt ein essenzieller Faktor für wirtschaftliches Wachstum."

Es gehe zudem auch darum, die Gründung von Institutionen und Systemen voranzutreiben, die weit besser als bislang rechtzeitig globale Krisen und Herausforderungen angehen, sagt Schwab. Er geht damit auch auf Forderungen namhafter Ökonomen ein, die vor dem Weltwirtschaftsforum etwa eine grundlegende Reform des Internationalen Währungsfonds (IWF) gefordert hatten, damit dieser effektiver als bislang als eine Art Weltfinanzaufsicht fungieren könne. "Der Währungsfonds braucht Zähne", sagte kürzlich Nouriel Roubini, der als einer von wenigen Top-Volkswirtschaftlern die Weltfinanzkrise schon früh relativ präzise vorausgesagt hatte. Roubini beschäftigt sich längst mit den nächsten drohenden Krisen an den internationalen Finanzmärkten. So könne etwa der Transfer von Milliardensummen an spekulativem Kapital nach China schon bald fatale Folgen nach sich ziehen: "Eines Tages wird die neue Spekulationsblase platzen und die größte koordinierte Kapitalentwertung aller Zeiten auslösen", warnt er.

Thesen wie diese wird Roubini auch in Davos vortragen und debattieren. Das Weltwirtschaftsforum ist eine Art inoffizieller Weltwirtschaftsgipfel. Allein 40 Staats- und Regierungschefs werden anreisen und den Sicherheitskräften höchste Anstrengungen abverlangen. Aus Deutschland haben sich nach Auskunft der Veranstalter unter anderem Bundesaußenminister Guido Westerwelle und Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (beide FDP) angesagt.

Trotz zahlreich anwesender politischer Prominenz ist Davos anders als der globale polit-ökonomische Konferenzzirkus. Informelle, unkomplizierte Treffen über die Grenzen von Fachwelten und Milieus hinweg fördern die Kreativität. Bedingt durch die Mischung der Gäste, gestaltet sich das Großtreffen in den Schweizer Bergen nach Auffassung der Teilnehmer erheblich spannender als jede reine Politik- oder Wirtschaftskonferenz. Staatschefs wie Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy - der das Forum eröffnet - sind ebenso dabei wie Minister und Abgeordnete. Konzernchefs aus etlichen Branchen geben sich die Ehre ebenso wie Künstler, Intellektuelle oder Vertreter von Nicht-Regierungsorganisationen sowie der Medien. "Davos ist nicht außergewöhnlich, sondern einmalig", schwärmt Paul Achleitner, der Vorstandsvorsitzende des Münchner Versicherungskonzerns Allianz. Und Eckehard Cordes, Chef des Düsseldorfer Handelskonzerns Metro, hält Davos für einen "Selbstläufer, der sich nicht einfach kopieren lässt".

Im Jahr 1971 hatte Klaus Schwab, mittlerweile 71, zum ersten Mal nach Davos eingeladen, damals noch unter dem Titel "Europäisches Management Forum". Schon zur Auftaktveranstaltung kamen mehr als 400 Teilnehmer. Mittlerweile ist es ein Großkongress; jeder Teilnehmer zahlt rund 12 500 Euro und jedes teilnehmende Unternehmen noch einmal zusätzlich mehr als 30 000 Euro. Getragen wird die Veranstaltung von einer Stiftung, der die 1000 größten Konzerne der Welt angehören.

Mit dem Weltwirtschaftsforum erwarb sich der frühere Manager und Wirtschaftsprofessor Schwab, hoch dekoriert unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz, weltweit Anerkennung. "Er kann große Egos einsammeln und ihnen eine Bühne geben", sagt Allianz-Chef Achleitner.

Die Veranstaltung ist über die Jahrzehnte gewachsen, doch Schwab betreibt das Weltwirtschaftsforum noch heute im selben idealistischen "Geist von Davos", mit dem er es einst begründete. Es gehe darum, den "Zustand der Welt zu verbessern", sagt er. Um diesem Ziel näher zu kommen, müsse man die Welt als Ganzes betrachten, in ihrer Entwicklung wie auch in ihren Krisen. Von "Ganzhaltigkeit" sprach Schwab schon zu Beginn der 70er-Jahre, als dieser Begriff in kaum einer politischen Debatte gebräuchlich war. Damit wurde er zum Trendsetter - und blieb es mit dem von ihm geschaffenen Forum der Weltelite bis heute.