Frankfurt. Er lässt an seiner Entschlossenheit keinen Zweifel. "Wenn die Typen kämpfen wollen, bin ich bereit, den Kampf auszutragen", sagte US-Präsident Obama auf die Bankmanager gemünzt, als er Donnerstagnacht seine Pläne für eine weitere Regulierung der Finanzindustrie ankündigte.

Der Kampf scheint schon eröffnet: Denn die Börsen brachen unmittelbar danach weltweit ein. Auch gestern hielt der Abwärtstrend an, der DAX fiel zeitweise bis auf 5640 Punkte - die Gewinne der Jahresendrallye im Dezember sind komplett aufgezehrt. Die Stimmung an den Finanzmärkten ist gekippt. Noch vor wenigen Tagen überwog der Optimismus, die Konjunkturprognosen wiesen nach oben, die Statistiker vermeldeten zunehmend positive Zahlen, und auch die Unternehmensbilanzen fielen alles in allem ordentlich aus.

Doch nun führen Obamas Pläne zu einer Trendwende. Eine Umfrage des Börseninformationsdienstes Bloomberg unter seinen Nutzern ergab, dass 77 Prozent den US-Präsidenten für "geschäftsschädigend" halten.

Dies ist allerdings kein Wunder. Denn natürlich will Obama genau das erreichen: Er will die bisherigen Geschäftspraktiken der Großbanken unterbinden. Sie bewegen mit ihrem Eigenhandel, also dem Spekulieren an den Aktien-, Rohstoff- oder Anleihemärkten auf eigenes Risiko, riesige Summen. Dies brachte sie Ende 2008 an den Rande des Kollapses, sorgt jetzt aber schon wieder für enorme Gewinne, die dann an die Mitarbeiter in Form von Boni verteilt werden.

Nun will Obama den Eigenhandel weitgehend verbieten, Banken könnten auch nicht mehr in Hedgefonds oder Private-Equity-Fonds investieren. Künftig dürften sie nur noch im Auftrag von Kunden Handel treiben. Damit würden sie wieder auf ihren ursprünglichen Sinn und Zweck beschränkt. Gleichzeitig ginge den Instituten wie Goldman Sachs, Morgan Stanley oder Deutsche Bank damit jedoch eine wichtige Ertragsquelle verloren. Beobachter rechnen daher mit heftigen Auseinandersetzungen.

"Wir stehen erst am Anfang des Kampfes, interessante Monate stehen uns bevor", sagt Philip Gisdakis, Stratege bei der Unicredit. Setzt sich Obama durch, würde dies nichts weniger bedeuten als das Ende einer Ära an den Finanzmärkten.

"Das weltweite politische Umfeld nach der Finanzkrise wird nicht mehr das gleiche sein wie davor", sagt Matthias Jörss, Aktienstratege bei Sal. Oppenheim. Es ginge eine Phase zu Ende, die während der Regierungszeit Ronald Reagans begann, geprägt von niedrigen Steuern, Privatisierung, weltweitem Freihandel und Deregulierung. "Jetzt bewegt sich die Welt in Richtung auf höhere Steuern und mehr Regulierung." Dies sei generell schlecht für Aktienanlagen. Doch die Beschränkung des Eigenhandels hätte auch konkrete Folgen. "Wenn die Pläne durchkommen, wird die Liquidität deutlich zurückgehen", so Jörss.

Denn die Handelsaktivitäten der Banken führen bislang dazu, dass gerade bei seltener gehandelten Papieren stets genügend Liquidität vorhanden ist und Schwankungen geglättet werden. Daher könnten nicht nur Bankaktien durch die Maßnahmen unter die Räder kommen, sondern auch die Papiere kleiner Unternehmen. Gleichzeitig dürfte auch der Aufwärtstrend bei den Rohstoffpreisen ins Stocken geraten.

Denn gerade in diesem Markt sind viele Spekulanten unterwegs. Sie treiben die Preise nach oben, wie durch mehrere Studien nachgewiesen wurde. Die US-Aufsichtsbehörde CFTC plante daher ohnehin Beschränkungen für die nicht-kommerziellen Händler an den Rohstoffbörsen.

Durch das Verbot des Eigenhandels würde die Austrocknung der Spekulation beschleunigt, und dies könnte zu sinkenden Rohstoffpreisen führen. Schließlich dürften auch die sogenannten Carry Trades deutlich zurückgefahren werden. Dabei leihen sich Investoren Geld in einem Land mit besonders niedrigen Zinsen und legen es dann in gewinnversprechenden Märkten an, beispielsweise dem Rohstoffmarkt. Zuletzt war häufig Japan das Land, wo die Kredite aufgenommen wurden. Das brachte die japanische Währung unter Druck, da die in Yen aufgenommenen Kredite anschließend meist in Dollar getauscht wurden. Wird der Eigenhandel verboten, müssten die Investmentbanken ihre Carry Trades zum großen Teil auflösen. Dies dürfte zur Aufwertung des Yen führen. Die vergangenen Tage wiesen in diese Richtung - sowohl Aktien als auch Rohstoffe und der Dollar-Yen-Kurs gaben nach.