Massiver Druck des Zentralrats der Juden. Auch Wirtschaftssenator Gedaschko ging auf Distanz.

Hamburg. Überraschende Wende am späten Freitagabend: Hamburgs wichtigstes Hafenunternehmen HHLA will dem iranischen Hafenbetreiber Tidewater nun doch nicht wie geplant bei der Modernisierung des Containerterminals von Bandar-Abbas helfen. Ein HHLA-Sprecher sagte dem Abendblatt: "Die HHLA-Tochter HPC hat nach nochmaliger Prüfung entschieden, von einer Anbahnung von Geschäftsbeziehungen mit dem iranischen Unternehmen Tidewater Abstand zu nehmen."

Ganz offensichtlich hat das Unternehmen damit dem Druck des Hamburger Senats nachgegeben. Die Stadt ist mit zwei Dritteln an der HHLA beteiligt, der Rest der Anteile ist an der Börse platziert. Nachdem Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) am Freitag zunächst keine offizielle Stellungnahme zu dem heiklen Geschäft abgeben wollte, ließ er am späten Nachmittag mitteilen: "Wir machen derzeit grundsätzlich ein großes Fragezeichen hinter jedes mögliche Geschäft mit dem Iran. Wir finden es gut, dass die HHLA sensibel vorgehen will."

Das Hafenunternehmen hatte zuvor lediglich einen weiteren Abstimmungsprozess mit dem Bundeswirtschaftsministerium in Aussicht gestellt und betont, dass es noch keinen endgültigen Vertrag gebe. Zugleich hieß es aber von der HHLA: "Die bisherige Prüfung hat ergeben, dass die mögliche Aufnahme von Geschäftsbeziehungen mit Tidewater nicht gegen die aktuellen Auflagen und Sanktionen verstößt." Bandar-Abbas ist mit einem Containerumschlag von im vergangenen Jahr 2,2 Millionen Containereinheiten (TEU) der wichtigste Handelshafen des Iran. 90 Prozent aller Güter werden dort umgeschlagen.

Das mögliche Geschäft der HHLA im Iran wäre auch politisch heikel gewesen, nicht zuletzt wegen der städtischen Beteiligung an dem Hafenunternehmen. Iran gilt als gefährlichster Gegner Israels und spricht dem jüdischen Staat das Existenzrecht ab. Iranische Wissenschaftler arbeiten unter dem Deckmantel der zivilen Atomkraftnutzung derzeit mutmaßlich an der Entwicklung einer iranischen Atombombe. Irans Opposition wird vom Regime der Mullahs und des Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad mit brutaler Gewalt unterdrückt.

Der Zentralrat der Juden hatte das angestrebte Geschäft bereits kurz nach Bekanntwerden in der "Bild"-Zeitung scharf kritisiert. Dem Abendblatt hatte der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan Kramer, zudem gesagt: "Die HHLA befindet sich hier in bester Gesellschaft mit Siemens und anderen Großunternehmen der deutschen Wirtschaft, die seit Jahrzehnten eng und vertrauensvoll mit dem Regime in Teheran Handel betreiben. Sie leisten einen substanziellen Beitrag zur Stützung des Regimes."

Die deutsche Wirtschaft würde sich durch ein solches Geschäft "mitschuldig an der Unterdrückung der Zivilbevölkerung" machen. Und sie führe die Politik des Westens ad absurdum, die darauf abzielt, den Bau einer iranischen Atombombe zu verhindern und die Mullahs zu stoppen. Der Zentralrat appellierte schon am Freitagmorgen an Bürgermeister Ole von Beust, das mögliche Geschäft der HHLA im Iran zu unterbinden. Offensichtlich mit Erfolg.

Auch die Opposition in der Bürgerschaft hatte am Freitagvormittag scharfe Geschütze aufgefahren. So wollte der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Thomas Böwer, wie er dem Abendblatt sagte, eine Anfrage an den Senat richten, seit wann dieser von den HHLA-Gesprächen wusste.