Hamburg. Die Hamburger Einzelhändler halten es mit dem früheren Wirtschaftsminister Ludwig Erhard. "50 Prozent der Wirtschaft sind Psychologie", lautete dessen oft zitiertes Motto. So stellte Andreas Bartmann, Vorsitzender der Fachverbände des Hamburger Einzelhandels, bei seinem gestrigen Rückblick auf das Jahr 2009 die guten Nachrichten in den Vordergrund. "Wir können stolz sein auf Hamburg", sagte er. "Die meisten anderen Städte haben im vergangenen Jahr nicht so gut abgeschlossen." Nach Verbandsangaben ist der Gesamtumsatz der Hamburger Einzelhändler im vergangenen Jahr um 100 Millionen Euro, also ein Prozent, auf 10,6 Milliarden Euro gewachsen. "Damit koppelt sich Hamburg als attraktivste Einkaufszone Deutschlands vom negativen Bundestrend ab." Der bundesdeutsche Einzelhandel hatte 2009 mit einem deutlichen Umsatzminus abgeschlossen.

Beim Vergleich der einzelnen Branchen im Facheinzelhandel haben die Hamburger Bau- und Heimwerkermärkte mit einem Umsatzwachstum von elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr besonders gut abgeschnitten. "Das liegt an der Ausweitung von Flächen und Sortimenten, aber auch an der Zunahme der Schwarzarbeit", erklärte Verbandsgeschäftsführer Ulf Kalkmann. Auch Camping- und Sportgeschäfte sowie die Bäckereien hatten mit Wachstumsraten von je sechs Prozent ein gutes Jahr. "Die Bäckereien profitieren unter anderen von einem veränderten Verbraucherverhalten", sagte Kalkmann. "Immer mehr Menschen kaufen den schnellen Snack für unterwegs." Bei der Unterhaltungselektronik gibt es zwar nach wie vor steigende Absatzzahlen, wegen deutlich gesunkener Preise sanken die Umsätze aber leicht um ein Prozent.

Weitere positive Nachrichten hatte Kalkmann in Bezug auf die Arbeitsplätze im Hamburger Einzelhandel zu bieten: "Die Beschäftigung ist um gut 500 auf insgesamt knapp 59 000 Stellen leicht gestiegen." Teilzeitbeschäftigte, Inhaber und mitarbeitende Familienangehörige mit eingerechnet, seien insgesamt 86 000 Menschen in der Branche beschäftigt. "Auch die Zahl der neuen Ausbildungsverträge hat mit einem Plus von knapp sieben Prozent erfreulich zugenommen", sagte Kalkmann. In allen anderen Wirtschaftsbereichen sei insgesamt ein Rückgang der neuen Lehrverträge zu verzeichnen gewesen.

Ein Problem sieht der Einzelhandelsverband darin, dass die Handelsflächen sich stetig vergrößern. In den vergangenen sechs Jahren habe die Fläche um 240 000 Quadratmeter zugenommen - "das ist viel zu hoch, die Rentabilität des Einzelhandels leidet dadurch erheblich." Auch den starken Verdrängungswettbewerb durch Preiskämpfe und verlängerte Öffnungszeiten beobachtet der Verband mit Sorge. Momentan profitierten die Verbraucher zwar von niedrigen Preisen, langfristig könne aber die Vielfalt im Einzelhandel verloren gehen. Wegen des "gnadenlosen Wettbewerbs" werde sich auch die Rendite nicht verbessern. Negativ könnten sich auch der Anstieg der Arbeitslosigkeit, die Einführung einer Umweltzone in Hamburg sowie die Abschaffung von Touristenmagneten wie den Harley Days auf die Geschäfte auswirken.

In der Verbandsprognose für 2010 spiegelt sich trotzdem der Erhardsche Optimismus wider: So wird erwartet, dass die Branche das Ergebnis von 2009 wieder erreicht. Das sei der attraktiven Metropolregion Hamburg geschuldet: "Ebenso wie im vergangenen Jahr wird der Einzelhandel weiter vom Bau der Elbphilharmonie, von der Hafencity, den Kreuzfahrtschiffen und den sportlichen und kulturellen Events profitieren, die Menschen von nah und fern anziehen."