Berlin. Die Finanzmarktkrise führt zu einer stärkeren Regulierung der Marktteilnehmer. Ratingagenturen sollen künftig stärker überwacht werden. Einen entsprechenden Gesetzentwurf, der eine EU-Verordnung in deutsches Recht umsetzt, hat gestern die Bundesregierung gebilligt. Danach müssen sich die Agenturen in Zukunft registrieren lassen und schärfere Informationspflichten erfüllen. Auch dürfen sie keine Firmen mehr beraten, deren Kreditwürdigkeit sie bewerten. Bei schweren Verstößen drohen Bußgelder in der Höhe von bis zu einer Million Euro.

Ratingagenturen sind auf Gewinn ausgerichtete Privatfirmen und bewerten Firmen und Staaten, aber auch die Qualität von Fonds und anderen Wertpapieren. Ihre Einstufung entscheidet darüber, zu welchen Konditionen Konzerne, Banken oder Länder auf den Kapitalmärkten Geld leihen können. Je besser das Rating, desto niedriger die Zinsen.

Im Weltmarkt sind drei Agenturen mit weitem Abstand führend: die US-Unternehmen Standard & Poor's und Moody's sowie die britische Agentur Fitch Ratings. In der Finanzmarktkrise wurde ihnen vorgeworfen, mit Fehleinschätzungen maßgeblich zum weltweiten Beinahe-Kollaps der Märkte beigetragen zu haben.

Das neue Bundesgesetz soll spätestens bis zum 7. Juni in Kraft treten. Hauptziel ist laut Finanzministerium, Interessenkonflikte besser zu vermeiden und die Transparenz des Bewertungsprozesses zu erhöhen. Als Aufsichtsbehörde wird die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) benannt. Ab 1. Januar 2011 sollen ihre Befugnisse auf die neue Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) übergehen. Nach dem neuen Gesetz müssen sich die Ratingagenturen zudem einmal jährlich von Wirtschaftsprüfern durchleuchten lassen. Daneben ist die BaFin berechtigt, jederzeit auch anlassunabhängige Prüfungen durchzuführen.

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Joachim Poß, sprach von einem Schritt in die richtige Richtung. Zugleich forderte er Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf, beim jetzigen Stand nicht zu verharren und vielmehr die Einrichtung einer europäischen Ratingagentur voranzutreiben. Der FDP-Finanzexperte Björn Sänger sagte, die bisherigen Instrumente hätten versagt: "Damit die schwarzen Schafe der Branche zur Rechenschaft gezogen werden können, muss sich auch die BaFin ihrer Verantwortung bewusst sein und genau hinsehen. Ein Wegsehen wie im Falle der Banken darf es in Zukunft nicht mehr geben."