Die Hamburger Arbeitsagentur fördert die Weiterbildung von Geringqualifizierten und Arbeitnehmern über 45 Jahre. Das soll dem Fachkräftemangel entgegenwirken.

Hamburg. Auf diese Chance hatte er lange gewartet. Norbert Lehmann war schon immer fasziniert vom Geruch heißen Metalls, von Dreh- und Fräsmaschinen. Jetzt, mit 51 Jahren, hat er eine Ausbildung zum Mechatroniker begonnen. "Manchmal gehen Wünsche in Erfüllung, auch wenn man 30 Jahre darauf warten muss", sagt er. Norbert Lehmann ist einer von 600 Arbeitnehmern, die 2009 über das Programm WeGebAU (Weiterbildung Geringqualifizierter und Beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen) der Hamburger Arbeitsagentur gefördert wurden.

Das Programmziel: Menschen über 45 Jahre sollen zusätzliche Qualifikationen erhalten. So will man dem Fachkräftemangel entgegenwirken und Arbeitslosigkeit durch Weiterbildung verhindern. Knapp 3,4 Millionen Euro stellte die Agentur im vergangenen Jahr dafür bereit. Entschieden ist bereits, dass das Programm fortgesetzt wird. "Der Etat für 2010 steht zwar noch nicht fest. Wir gehen aber davon aus, dass das gleiche Volumen erneut erreicht werden kann", sagte Agentursprecher Knut Böhrnsen dem Abendblatt.

Arbeitslos ist Lehmann zwar nicht - seit 2001 ist er als Zeitarbeiter fest bei Franke+Pahl beschäftigt, dem Hamburger Marktführer für technische Dienstleistungen für Industrie und Logistikfirmen. Von dort aus wurde er alleine sechs Jahre lang an eine Hamburger Hightech-Firma vermittelt, die seine Verbesserungsvorschläge mehrfach in vierstelliger Höhe prämierte. Trotzdem blieb es für seinen Arbeitgeber schwierig, ihn zwischendurch an andere Firmen zu vermitteln. Der Grund: Lehmann hatte einst sein Studium der Elektrotechnik abgebrochen und so keinen Berufsabschluss. Als jetzt auch Lehmanns Stammarbeitgeber krisenbedingt passen musste, fasste Firmenchef Oliver Franke einen Entschluss: Er investiert 20 000 Euro, um ihn in 21 Monaten beim Berufsförderungswerk des Gewerkschaftsbundes DGB zum Mechatroniker ausbilden zu lassen - einen Beruf, der Kenntnisse von Schlossern und Elektrikern vereint. Bis zum Mai 2011 soll Lehmann seine Ausbildung abschließen. Spätestens dann rechnet Franke, dessen Unternehmen heute zwei Drittel seines Umsatzes von 60 Millionen Euro mit Zeitarbeit erlöst, mit dem Ende der Krise. Zudem werde dann schon aus demografischen Gründen ein "nie dagewesener Fachkräftemangel" herrschen. Der frisch ausgebildete Mechatroniker könne dann die Belegschaft von derzeit 700 Facharbeitern und 150 Technikern und Ingenieuren gut ergänzen.

Die Kosten des Lehrgangs, der sowohl aus Praxis in einer Werkstatt als auch aus Unterrichtsstunden besteht, übernimmt die Agentur für Arbeit. Seinen Lohn erhält Lehmann in voller Höhe weiter. Agentur und Arbeitgeber teilen sich die Summe, einschließlich der Beiträge für die Sozialversicherungen. Grundsätzlich kann die Agentur auch Fahrtkosten und, falls nötig, eine Unterkunft bezahlen. "Den Urlaub sowie die übertariflichen Lohnanteile finanziert aber weiter das Unternehmen", sagt Franke. Dafür kann er Norbert Lehmann nach seinem Berufsabschluss universell einsetzen.

Der zweifache Familienvater Lehmann ist mit seiner Weiterbildung mehr als zufrieden. "Hätte ich vor 30 Jahren die Erfahrungen von heute machen können, hätte ich zunächst eine Feinmechaniker- oder Werkzeugmacherlehre absolviert", sagt er. "Und danach erst das Studium begonnen."