Hamburg. Zu spät gezahlte Rechnungen bringen immer mehr Firmen in Existenznot. Bisher liegt Deutschland beim Zahlungsverzug zwar noch im europäischen Mittelfeld, aber die Probleme vieler Firmen, finanzielle Durststrecken während der Bankenkrise zwischenzufinanzieren, gefährden den Aufschwung.

Besonders stark betroffen von laxen Zahlungsmethoden sind Ingenieurbüros. Nach einer Umfrage des Verbandes Beratender Ingenieure (VBI) leiden 41 Prozent der Ingenieurbüros bei privaten Auftraggebern unter verzögerten Zahlungen.

Sogar 45 Prozent der 700 befragten Ingenieure beklagen zu spät gezahlte Rechnungen bei den öffentlichen Auftraggebern. "Laxes Zahlungsverhalten ist kein Kavaliersdelikt, denn es belastet kleine und mittlere Unternehmen unnötig und schadet letztendlich der Allgemeinheit", beklagte gestern der Hauptgeschäftsführer des VBI, Klaus Rollenhagen.

Im Schnitt bekommen deutsche Firmen ihr Geld 16 Tage zu spät, berechnete Intrum Justitia, ein weltweit tätiges Inkassounternehmen mit Hauptsitz in Schweden, jüngst in einer Studie. Diese Zahl variiert von Land zu Land erheblich.

In Schweden zum Beispiel lag die Zahlungsverspätung bei sieben Tagen, in Frankreich wurde durchschnittlich 20 Tage überzogen. Eine Studie der britischen Regierung berichtet von für Mitteleuropa rekordverdächtigen 41 Tagen, die kleine und mittlere Unternehmen auf der Insel zurzeit im Durchschnitt länger als vereinbart auf den Forderungseingang warten müssen. Solche Unregelmäßigkeiten weisen sonst nur die südeuropäischen Länder auf.

Zugenommen hat auch der Totalausfall von Zahlungen. Nach einer Studie von Creditreform müssen Firmen in Deutschland in diesem Jahr Forderungen in Höhe von 0,65 Prozent ihres Jahresumsatzes abschreiben - im vergangenen Jahr lag dieser Wert noch bei 0,59 Prozent.

In vielen Branchen sind die Probleme mit verspätet gezahlten Rechnungen Folge eines verschobenen Machtverhältnisses. "Gerade während der Krise werden sich kleine Ingenieurbüros hüten, das gute Verhältnis etwa zu einem öffentlichen Auftraggeber zu riskieren", sagte Volker Zappe vom VBI dem Abendblatt. Auch in der Elektroindustrie beklagen 85 Prozent der Unternehmen einen schleppenden Zahlungseingang, vor allem aus der Energiebranche. Energieversorger wie RWE oder E.on nutzten dabei ihre Marktmacht, beklagt der Branchenverband ZVEI.

In der Kritik stand kürzlich auch Edeka. Der Handelsriese soll Lieferanten dazu aufgefordert haben, dem Hamburger Unternehmen längere Zahlungsziele einzuräumen.