Airbus-Mutterkonzern fühlt sich bestätigt. Aktionäre sprechen von schwer erträglicher Entscheidung.

Paris. Der Airbus-Mutterkonzern EADS jubelt, die Kleinaktionäre mosern und die Börsenaufseher sind eher betreten. Der totale Freispruch aller Beschuldigten im angeblich "größten Insiderskandal aller Zeiten" in Europa löst ein gespaltenes Echo aus. Jetzt muss die Pariser Börsenaufsicht AMF aufpassen, nicht als zahnloser Tiger zu gelten.

Am Anfang standen mehr als 1100 höhere und mittlere Manager von EADS und Airbus sowie die Unternehmen Daimler, Lagardère und EADS am Pranger. Sie wurden verdächtigt, an der Täuschung der Öffentlichkeit über die Probleme beim Super-Airbus A380 viel Geld verdient zu haben. Manager wurden in Polizeigewahrsam genommen. Börsianer fürchteten, Europas größter Flugtechnikkonzern werde von der Justiz "enthauptet", weil alle Topmanager aus dem Verkehr gezogen würden.

Am Ende bescheinigte der AMF-Strafausschuss Airbus-Chef Thomas Enders, dem früheren Co-Konzernchef Noël Forgeard und 15 anderen Personen, hohe Gewinne aus dem Verkauf von EADS-Aktien 2005 und 2006 zu Recht kassiert zu haben. Auch die in der Konzernführung sitzenden Großaktionäre Daimler und Lagardère hätten kein Insidervergehen begangen, als sie je 7,5 Prozent der EADS-Anteile vor dem Kurssturz im Juni 2006 mit Milliardengewinnen verkauften. EADS habe den Markt nicht über die A380-Schwierigkeiten getäuscht. Die Börsenaufsicht kam zu dem Schluss, dass alle Beteiligten fast bis zur Jahresmitte 2006 die riesigen Produktionsprobleme mit dem A380 und die daran hängenden Milliardenschäden nicht erkannt hätten.

Das ist zwar kein gutes Zeugnis für das damalige Management. Doch es bedeutet Freispruch auf ganzer Linie. Der Großaktionär Arnaud Lagardère hatte bereits die Vorwürfe mit den Worten zurückgewiesen, er gelte lieber als Dummkopf denn als Betrüger. Den Schaden tragen am Ende die Kleinaktionäre. Viele Menschen hatten in dem Hype um das Riesenflugzeug A380 EADS-Aktien gekauft und bei dem Kurssturz Geld verloren. Dass dafür jetzt niemand verantwortlich sein soll, stößt auf Kritik der Aktionärsvertreter. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) nannte die Entscheidung "schwer erträglich".

Kann es tatsächlich sein, dass im ganzen Konzern keiner wusste, was lief? Es kann. Schon damals klagten EADS-Manager, wegen des deutsch-französischen Führungsstreits würden negative Informationen nicht ausreichend weitergegeben. Außerdem sahen auch externe Experten das Ausmaß der Probleme mit der Verkabelung im Hamburger Airbus-Werk nicht. Fachleute von McKinsey bescheinigten dem damaligen deutschen Airbus-Chef Gustav Humbert und dem französischen A380-Programmchef Charles Champion im März 2006, Airbus werde die Probleme rechtzeitig in den Griff bekommen. Ihre Studie war im AMF-Verfahren jetzt für die Beschuldigten Gold wert.

Forgeards Anwälte feierten die Entscheidung dagegen als "Sieg der Wahrheit und des Rechts". Der Strafausschuss habe seine Unabhängigkeit bewiesen. Auch EADS begrüßte den Ausgang des Verfahrens. Der Ausschuss habe anerkannt, dass EADS den Markt pflichtgemäß über die Risiken des A380-Programms und seiner Entwicklung informiert habe. "EADS ist überzeugt, dass sich diese Sichtweise auch in allen weiteren anhängigen Prozessen, die auf derselben Sachlage basieren, durchsetzen wird."