Griff in die Reserven, um niedrige Zinsen aufzubessern. Hamburg-Mannheimer skeptisch wegen Entwicklung.

Hamburg. Bei den Kapitallebensversicherungen können die Verbraucher für das nächste Jahr auf eine erfreuliche Entwicklung hoffen: Nach ersten Ergebnissen fällt die Überschussbeteiligung so hoch wie im Vorjahr aus. Sie gibt an, wie das Sparkapital der Kunden im nächsten Jahr verzinst wird. Experten hatten wegen der Finanzkrise und der niedrigen Zinsen eher mit einer Absenkung gerechnet. Allerdings haben bisher nur zwölf von knapp 100 Lebensversicherern ihre Überschussbeteiligung bekannt gegeben.

So verzinst der Volkswohlbund das Sparkapital seiner Versicherten mit 4,75 Prozent und begründet das mit einer soliden und ertragreichen Anlagestrategie. Auch der Hamburger Versicherer neue leben schreibt seinen Kunden eine Überschussbeteiligung von 4,6 Prozent gut. "Möglich wird das auch durch unsere hohen Kosten- und Risikogewinne", sagt Vorstandschef Hans-Jürgen Löckener. Fallen die Kosten geringer aus als kalkuliert, profitieren davon die Kunden, weil diese Ergebnisse mit in die Überschussbeteiligung einfließen. Mit hohen Kostengewinnen begründet auch Cosmos Direkt seine konstante Überschussbeteiligung. "Die Überschussbeteiligung wird aus insgesamt fünf Töpfen gespeist", sagt Manfred Poweleit, Herausgeber des Branchendienstes Map-Report. "So gibt es schon einige Möglichkeiten, die Verzinsung über dem aktuellen Marktniveau zu halten." Langfristige Sparanlagen bringen im Moment nur eine Verzinsung von 3,7 Prozent. Zu beachten ist allerdings, dass sich die Überschussbeteiligung nur auf den Sparanteil des Versicherungsbeitrages bezieht, der wegen des Kosten- und Risikoanteils einer Lebensversicherung geringer ausfällt als der Monatsbeitrag. Die Direktversicherung Europa hat die Überschussbeteiligung von fünf auf 4,80 Prozent abgesenkt.

Nach einer Übersicht der Ratingagentur Assekurata senkt damit bisher nur eines von zwölf Unternehmen die Verzinsung der Lebensversicherungen (siehe Tabelle). "Das ist schon überraschend", sagt Reiner Will, Geschäftsführer von Assekurata, dem Abendblatt. "Aber es zeigt, dass die Versicherer gut durch das Jahr gekommen sein müssen, denn für die Kunden kann nur deklariert werden, was vorher verdient wurde." Dabei können die Versicherer auch auf einen Reservetopf zurückgreifen, die Rückstellungen für Beitragsrückerstattung (RfB). Die Rückstellungen haben eine Pufferfunktion zur Glättung der jährlichen Gewinnbeteiligung. "Dazu ist dieser Topf auch da, und den Versicherern dürfte sehr daran gelegen sein, die Kapitallebensversicherung als stabiles Produkt zu präsentieren", sagt Will.

Mitte der Woche will Marktführer Allianz seine Überschussbeteiligung bekannt geben. Danach wird eine Vielzahl von Unternehmen die Höhe der Verzinsung mitteilen, weil der Marktführer den Branchentrend vorgibt. "Wer absenken muss, der wird das eher später als früher mitteilen", sagt Will.

Die Versicherten spüren die Zinsentwicklung am Markt mit einer gewissen Verzögerung. "Die durchschnittliche Restlaufzeit unserer festverzinslichen Wertpapiere beträgt sechs Jahre", sagt Johannes Lörper, Vorstand der Hamburg-Mannheimer, dem Abendblatt. "Das führt dazu, dass sich sinkende Zinsen erst mit Verzögerung in der Überschussbeteiligung bemerkbar machen." Gleichzeitig gibt er zu bedenken, dass sinkende Zinsen auch mit sinkenden Inflationsraten einhergehen und umgekehrt. Die Überschussbeteiligung für 2010 will er noch nicht nennen. "Zwar kann sich der Kunde nicht auf eine bestimmte Höhe der Überschussbeteiligung verlassen, aber er kann sicher sein, dass bei steigender Inflation auch wieder eine steigende Überschussbeteiligung winkt."

Gegen fallende Zinsen hat sich die Hamburg-Mannheimer abgesichert. "So haben wir sichergestellt, dass wir bis mindestens 2029 ein bestimmtes Zinsniveau bekommen. Die niedrigen Zinsen am Markt werden dann aufgestockt durch Zahlungen aus solchen Absicherungsgeschäften. So ist gewährleistet, dass wir den durchschnittlichen Garantiezins unserer Verträge von 3,33 Prozent auch garantieren können." Die darüber hinausgehende Überschussbeteiligung muss flexibel am Markt erwirtschaftet werden. Die Hamburg-Mannheimer hatte im vergangenen Jahr die Überschussbeteiligung von 4,4 auf 4,2 Prozent gesenkt. "Angesichts des niedrigen Zinsniveaus bin ich schon überrascht, wie lange manche Gesellschaften die Überschussbeteiligung oben halten", sagt Lörper. "Natürlich kann man diese Geschäftspolitik über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten und die Kunden aus den Reserven bedienen. Aber die Spielräume verengen sich zusehends."