Der Fonds PSV, der die Renten deutscher Firmen absichert, braucht dieses Jahr vier Milliarden Euro. Das ist achtmal so viel wie 2008.

Hamburg. Markus Imbriano staunte nicht schlecht, als er die Nachricht vom Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) erhielt. "Unser Beitrag zur Sicherung der Betriebsrenten stieg im Jahresvergleich um das Achtfache", sagte der Manager von Carlsberg Deutschland dem Abendblatt. Ergeben habe sich für das Hamburger Unternehmen, das unter anderem das Bier der Marke Holsten braut, ein "hoher sechsstelliger Betrag".

Grund für die Erhöhung der PSV-Beiträge sind die zahlreichen Insolvenzen in Deutschland in jüngster Vergangenheit wie etwa die von Arcandor, Märklin, Quimonda und Co. Da diese Firmen die Betriebsrenten für ihre Mitarbeiter nun nicht mehr selbst aufbringen können, muss der PSV einspringen. Das führte dazu, dass 2009 das bisher schadensträchtigste Jahr des Vereins war.

Die Holsten-Mutter Carlsberg ist kein Einzelfall. Beim Hamburger Konzern Beiersdorf, Hersteller von Produkten wie der Nivea-Kollektion oder der Tesa-Klebstoffe, werden laut Unternehmenssprecherin Claudia Fasse in diesem Jahr Mehraufwendungen im mittleren einstelligen Millionenbereich fällig. Und die Pensionskasse Berolina des Konsumgüterkonzerns Unilever muss offenbar um die zehn Millionen Euro mehr als in früheren Jahren üblich an den PSV überweisen - obwohl der Verein nicht die Pensionen aller deutscher Betriebsrentner bezahlt, sondern nur jene der Mitarbeiter von Firmen, die es nach einer Pleite nicht mehr gibt.

Nachdem 2008 noch ein Gesamtbetrag von rund 500 Millionen Euro fällig war, sind es für dieses Jahr 4,047 Milliarden Euro. "Im vergangenen Jahr waren die Beiträge außerordentlich niedrig", begründet PSV-Vorstand Martin Hoppenrath dem Abendblatt den dramatischen Anstieg der Summe. 2008 hatte es kaum spektakuläre Insolvenzen gegeben. In diesem Jahr allerdings schlugen die Folgen der Wirtschafts- und Finanzmarktkrise voll auf die Unternehmen durch, die Zahl der Insolvenzfälle stieg deutlich an.

Gegründet wurde der PSV im Jahr 1974. Damals zeichnete sich ab - auch wegen der Folgen der ersten Ölkrise -, dass es auch im Wirtschaftswunderland Deutschland zu Insolvenzen von Arbeitgebern kommen kann. Um einer gesetzlichen Regelung für die Betriebspensionen zuvorzukommen, schuf die Wirtschaft mit dem PSV eine Art Selbsthilfeeinrichtung. Alle Unternehmen, die Betriebsrenten an ihre Mitarbeiter bezahlen, wurden Zwangsmitglieder in dem Gemeinschaftsfonds. Gleichzeitig verpflichteten sich die Firmen, die Rentenverbindlichkeiten der insolventen Firmen zu übernehmen. Inzwischen gehören dem PSV rund 76 000 deutsche Betriebe an, die Renten überweisen - oder die dies in der Vergangenheit getan haben.

Von den diesjährigen Beitragserhöhungen wurden die Unternehmen kalt erwischt. "Keiner hat damit gerechnet, dass die Wirtschaftskrise solche Ausmaße haben wird", sagte Jochen Wilkens, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Chemie Nord, dem Abendblatt. "Die Zahlungen drücken direkt auf unseren Betriebsgewinn", sagte Markus Imbriano von Carlsberg in Hamburg. Und sie schaden dem internationalen Image des Standorts Deutschland, der im Ringen um neue Investitionen und Ansiedlungen stets mit anderen Regionen konkurriert, wie einige Unternehmen unter vorgehaltener Hand klagen.

Der PSV will den Unternehmen laut Hoppenrath nun die Rückzahlung erleichtern. Erstmals nutzt der Verein dazu eine im Jahr 2006 ins Betriebsrentengesetz eingefügte Möglichkeit, Teile der erforderlichen Jahresbeiträge auf die folgenden vier Jahre zu verteilen. Für dieses Jahr müssen deshalb nicht 4,047 Milliarden Euro aufgebracht werden, sondern nur 2,337 Milliarden. In den nächsten Jahren bis 2013 sind jeweils 427,5 Millionen Euro fällig. Ob diese Ratenzahlung die betroffenen Unternehmen wirklich entlastet, muss sich allerdings erst noch erweisen. Denn schon 2010 werden neue Beträge fällig - obwohl die alten Raten noch nicht abgestottert sind.