Experten erwarten die Verschiebung von Aufträgen. Auch Stornierungen werden nicht ausgeschlossen.

Hamburg. Die Finanzprobleme des Scheichtums Dubai wecken Zweifel an den extrem ehrgeizigen Wachstumsplänen der nationalen Fluggesellschaft Emirates. Und damit können die Turbulenzen am Persischen Golf auch dem Geschäft der Flugzeugbauer Airbus und Boeing schaden - mit 58 Bestellungen ist Emirates der mit Abstand größte Kunde für den Riesenflieger A380, für den bislang insgesamt Aufträge über 202 Maschinen eingingen. 53 dieser Superjumbos sind bisher nicht an Emirates ausgeliefert worden, ebenso wie 50 Exemplare des geplanten Langstreckenjets A350. Bei Boeing stehen noch 21 Maschinen des Großraumtyps 777 in den Orderbüchern. Auf Basis von Listenpreisen haben die Bestellungen der Golfairline einen Gesamtwert von mehr als 30 Milliarden Euro.

Zwar hat Emirates umgehend dementiert, dass die Zahlungsschwierigkeiten des Staatsfonds Dubai World mit seiner Schuldenlast von rund 40 Milliarden Euro Auswirkungen auf die Fluggesellschaft haben. Sie arbeite profitabel und sehe keine Probleme, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, außerdem habe es für die eigenen Schulden nie staatliche Garantien gegeben.

Branchenexperten sehen dies weniger entspannt. "Ich würde nicht darauf wetten, dass Emirates nicht doch Flugzeugauslieferungen verschieben muss", sagte Ingo Schmidt, Analyst bei der Haspa, dem Abendblatt. "Die Konditionen für Großkredite haben sich wegen der Finanzkrise ohnehin verschlechtert und die Probleme Dubais dürften dies noch verschärfen."

Auch wenn es bisher keine Anzeichen dafür gebe, dass Emirates bestellte Jets nicht wie geplant abnehmen könne, seien Bedenken in dieser Richtung "durchaus berechtigt", sagte ein anderer Analyst einer norddeutschen Bank, der nicht genannt werden wollte: "Es könnte auch zu Stornierungen kommen." Auf jeden Fall würden die Finanzierungsbedingungen für die Fluggesellschaft nun ungünstiger, die Kredite teurer.

Airbus-Verkaufsvorstand John Leahy zeigte sich allerdings zuversichtlich, dass Emirates alle vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Flugzeugbauer weiter erfüllen werde. Man habe Vertrauen in Emirates. "Der Fonds Dubai World hat keine finanzielle Verbindung mit dem Luftfahrtbereich des Scheichtums", sagte ein Airbus-Sprecher dem Abendblatt. "Der Tourismus und die Passagierzahlen in Dubai wachsen kräftig." Über die nächsten 20 Jahre erwarte man für die Golfregion einen überdurchschnittlich hohen Luftverkehrszuwachs von 5,9 Prozent pro Jahr.

Doch genau hier setzen die Zweifel des Hamburger Luftfahrtexperten Heinrich Großbongardt an. "Die Zukunft von Emirates hängt nicht zuletzt davon ab, ob sich Dubai tatsächlich den Traum erfüllen kann, in der Wüste ein Weltzentrum aufzubauen", sagte er. Dieses Ziel sei nun jedoch ins Wanken geraten. "Zwar wackelt Emirates sicher nicht", so Großbongardt, "aber ihre Expansionspläne werden sie auf etwas längere Sicht wohl nicht realisieren können."

Hinzu komme, dass das gesamte Wachstum des Weltluftverkehrs nach der aktuellen Wirtschaftskrise auf Jahre hinter den früheren Erwartungen zurückbleiben werde. "Wir stehen bei den Passagierzahlen jetzt wieder auf dem Niveau des Jahres 2006", sagte Großbongardt. "Auch im Jahr 2015 werden wir noch um dreieinhalb bis vier Jahre hinter den Prognosen aus der Zeit vor der Krise zurückliegen."

Für Emirates zeichneten sich nun eindeutig die Grenzen des Wachstums ab, meint der Experte. "Darum wird die Gesellschaft die Abnahme bestellter Jets nach hinten schieben."

Zunächst bleibt aber abzuwarten, wie Dubai seine Finanzprobleme anpacken will. Analysten der Ratingagentur Standard & Poor's haben ein Szenario für eine mögliche Lösung entwickelt: Das Scheichtum könne die Fluggesellschaft an den Nachbarn Abu Dhabi verkaufen, um einen Teil der Schulden abzutragen. Nur: Abu Dhabi ist bereits Eigentümer von Etihad, einer ebenfalls stark wachsenden Fluggesellschaft mit mehr als 100 Bestellungen bei Airbus und Boeing.