Gewerkschaft wirft Firma Austausch von teuren gegen billige Beschäftigte vor. 170 Mitarbeiter von Acciona verlieren ihren Arbeitsplatz. Obwohl sie wegen der Krise auf Lohn verzichten wollten.

Hamburg. Täglich 1200 Koffer pro Mann bewegen, bei Wind und Wetter auf dem Rollfeld, Schichtdienst. Es sind Knochenjobs, die Bodendienstleistungsfirmen am Flughafen zu vergeben haben. Ergün Sert hat ihn dennoch gern gemacht, seit fast zehn Jahren. Doch Ende des Jahres ist Schluss. Auch für Serts 170 Kollegen beim Bodendienstleister Acciona Airport Services Hamburg. "103 Kündigungen sind bereits ausgesprochen, die übrigen Kollegen müssen nicht gekündigt werden, weil ihre Zeitverträge auslaufen", sagt Sert, der auch Betriebsratsvorsitzender ist.

"Acciona stellt seine operative Tätigkeit am Flughafen ein", bestätigt Ingo Bernien von der Gewerkschaft Ver.di. "Wir vermuten, dass sich das Unternehmen von den Beschäftigten trennen will und später mit anderen, billigeren Arbeitskräften weitermacht." Gegenüber der Wirtschaftsbehörde hat die Firma eingeräumt, dass sie sich "nach einer Umstrukturierung ab Januar wieder aktiv um Aufträge bemühen wird", sagt Behördensprecherin Jana Tiemann dem Abendblatt.

Das Unternehmen selbst wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Es verfügt aber über eine Erlaubnis, bis 2013 ihre Dienstleistungen am Hamburger Flughafen anzubieten. "Eine EU-Richtlinie sieht aus Wettbewerbsgründen vor, dass an einem Flughafen wie Hamburg zwei Flughafendienstleister arbeiten müssen", sagt Tiemann.

Acciona hatte im Sommer einen großen Kunden verloren: Air Berlin. Die Fluggesellschaft war zu Groundstars gewechselt, einer Tochterfirma des Flughafens Hamburg. Diese wird Air Berlin ab 1. Januar 2010 abfertigen. Doch das hätte nicht das Aus für Acciona sein müssen. "Wir waren zum Abschluss eines Krisentarifvertrages bereit, die Mitarbeiter hätten auf 15 Prozent Lohn verzichtet", sagt Bernien. Denn Wettbewerber Groundstars signalisierte, Teile des neu gewonnenen Auftrags gleich wieder an den Konkurrenten als Subunternehmer abzugeben. "Doch Acciona war nicht bereit, im Gegenzug für den Lohnverzicht auf Kündigungen zu verzichten", sagt Bernien. "Wir hätten auch eine Mitarbeiter-GmbH gegründet, um Arbeitsplätze zu retten", so Sert. Doch die Firma habe die restlichen Verträge mit den Airlines gekündigt und sie dem Konkurrenten übergeben. Acciona ist eine Tochter des spanischen Mischkonzerns Acciona und betreibt Bodendienste an mehreren deutschen Flughäfen.

Groundstars braucht jetzt Mitarbeiter. "Wir benötigen rund 100 neue Beschäftigte", sagt Flughafensprecherin Katja Tempel. Aber: "Für die Kollegen ist das keine echte Chance", sagt Sert. "Denn Groundstars bietet nur befristete Verträge mit 40 Stunden pro Monat. Davon kann man keine Familie ernähren. Ich werde mich dort nicht bewerben", sagt der 35 Jahre alte Familienvater.

"40 Stunden pro Monat sind nur eine Minimumgröße, es ist durchaus möglich, dass mehr gearbeitet werden kann. Wir müssen flexibel bleiben, weil wir nicht wissen, wann ein weiterer Anbieter wieder in das Geschäft mit Bodendienstleistungen einsteigt", sagt Tempel. Ziel sei es aber, die Verträge in Vollzeitverträge umzuwandeln.

Im laufenden Jahr leidet der Flughafen Hamburg unter sinkenden Passagierzahlen. Bis Ende Oktober wurden 10,4 Millionen Fluggäste gezählt. Das sind 6,4 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Wirtschaftsbehörde verfolge die Vorgänge am Flughafen aufmerksam. "Auf geschäftliche Entscheidungen können wir jedoch keinen Einfluss nehmen", sagt Tiemann. "Wir werden aber alle vier Wochen prüfen, ob sich Acciona tatsächlich um neue Aufträge bemüht. Sonst droht der Entzug der Erlaubnis." Dann würde die Dienstleistung am Flughafen Hamburg neu ausgeschrieben. Das gilt auch, wenn Acciona verkauft wird. Eine solche Ausschreibung dauert aber neun Monate. So lange wäre Groundstars ohne Konkurrenz in Fuhlsbüttel. Sert meint, dass das der Stadt gar nicht so unrecht sei. Immerhin ist sie zu 51 Prozent am Flughafen beteiligt.