Treffen beim Wirtschaftssenator bleibt ohne konkretes Ergebnis. Bad Bank und Bürgschaften in der Diskussion.

Hamburg. Die Diskussion um Staatshilfen für die Schifffahrtsbranche wird angefacht durch die anhaltend schlechten Zahlen betroffener Unternehmen. Das Hamburger Emissionshaus HCI, in Deutschland Marktführer bei der Sammlung und Platzierung von Eigenkapital in geschlossenen Fonds am Schiffsmarkt, legte gestern für die ersten neun Monate des Jahres einen stark erhöhten Verlust und rückläufige Eigenkapitalplatzierungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum vor.

Die Gesamtsumme des in den ersten neun Monaten platzierten Eigenkapitals betrug 100,3 Millionen Euro, gegenüber 507,8 Millionen Euro in den ersten drei Quartalen 2008. Im wichtigsten Geschäftsfeld Schifffahrt sank das platzierte Kapital von 263,5 Millionen Euro vor Jahresfrist auf 64,5 Millionen Euro. HCI wies einen Verlust von 41,8 Millionen Euro gegenüber 11,7 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum aus.

Ein erneutes Branchentreffen bei Hamburgs Wirtschaftssenator Axel Gedaschko blieb vor diesem Hintergrund gestern ohne Ergebnisse. Er will gemeinsam mit den beteiligten Unternehmen ein Konzept erarbeiten, um die Schifffahrtsbranche zu stützen. Bedingt durch die Stagnation des Welthandels, sinkt die Zahl der benötigten neuen Schiffe; bereits fahrende Frachter bringen im Zweifel eher Verluste als Gewinne.

Hamburg hängt in besonderem Maß von der maritimen Wirtschaft ab, nicht nur wegen des Hafens. Reedereien aus Hamburg und dem Umland kontrollieren rund ein Drittel der Weltcontainerschiffsflotte. Die Hansestadt gilt als zudem als wichtigster Standort für Schiffsfinanzierungen, vertreten unter anderem durch den Weltmarktführer HSH Nordbank. Die schwer angeschlagene Landesbank für Hamburg und Schleswig-Holstein hat in diesem Jahr im Bereich Schifffahrt bereits mehrere Hundert Millionen Euro Verlust ausgewiesen. Es drohen zudem Milliardenabschreibungen, weil der Wert neu abgelieferter Schiffe verfällt und diese damit nicht mehr im ursprünglich geplanten Maß als Kreditsicherheiten taugen.

Offiziell wurde zum Treffen bei Gedaschko gestern nichts bekannt. Nach Informationen des Abendblatts geht es darum, Lösungen für einen möglichst großen Teil der Schifffahrtsbranche zu finden. Diskutiert werden von Reedereien, Schiffsfinanzierern und Politik unter anderem Ideen wie ein Fonds, in den Reedereien unrentable oder unfinanzierbare Schiffe einbringen können, eine Art Bad Bank für Schiffe.

Anfang des Jahres, hieß es aus dem Umfeld der Gespräche, soll bei der Bundesregierung ein Konzept vorgelegt werden. Deren Unterstützung ist allerdings ungewiss. Die Schifffahrt bietet im Gegensatz etwa zur Automobilindustrie oder zum Einzelhandel nur relativ wenige Arbeitsplätze. Zudem haben die Hamburger Reedereien - gerade die Charterreeder, die Schiffe bauen lassen und sie an Linienreedereien vermieten - in den vergangenen Jahren sehr gut verdient. Beides erschwert die politische Unterstützung. So war Claus-Peter Offen, einer der führenden Charterreeder, dem Vernehmen nach bislang nicht erfolgreich bei dem Versuch, staatliche Hilfsmittel aus dem sogenannten Deutschlandfonds zu bekommen.

Der Bremer Anwalt Jan-Henning Ahrens von der Kanzlei KWAG forderte gestern, Anlegervertreter müssten zu Gesprächen über Staatshilfen an die Schifffahrtsbranche hinzugezogen werden. "Wir wollen verhindern, dass berechtigte Interessen von Anlegern bei Diskussionen über Rettungspakete außen vor bleiben", sagte Ahrens dem Abendblatt. Emissionshäuser wälzten in der Krise verstärkt Risiken auf die Anleger ab, etwa durch Druck, bei Kapitalerhöhungen mitzuziehen oder dadurch, dass Ausschüttungen als Darlehen deklariert würden, die im Zweifel zurückgezahlt werden müssten.

Seine Kanzlei habe "Hunderte von Anfragen verunsicherter Anleger" gerade aus der Schifffahrtsbranche. "Die Briefe, die Emissionshäuser ihren Anlegern schicken, sind teils bedrohlich und ultimativ gehalten. Da wird dann gern auch gleich mit Insolvenz gedroht, wenn die Anleger kein Kapital nachschießen."