Experte warnt vor Finanzprodukten aus der Region. Aktienmarkt am Freitag schon wieder stabil.

Hamburg. Die Aktienmärkte haben sich schnell wieder von der Dubai-Krise erholt. Der Deutsche Aktienindex (DAX) schloss am Freitag mit 5685 Punkten und verzeichnete ein Plus von 1,3 Prozent. Experten rechnen nicht damit, dass jetzt eine kräftige Korrektur an den Aktienmärkten einsetzt. Das Hamburger Bankhaus M.M.Warburg & CO hält an einem DAX-Ziel von 6200 Punkten fest, das bis zum ersten Quartal des nächsten Jahres erreicht sein soll. Bankenunabhängige Experten warnen dennoch, die Probleme des Emirats Dubai nicht zu unterschätzen. Dubais Staatsunternehmen Dubai World ist mit 60 Milliarden Dollar verschuldet und hat seine Gläubiger um einen Zahlungsaufschub gebeten. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wie sind Anleger von dem neuen Krisenherd betroffen?

Die meisten Anleger sind nur indirekt durch Kursrückgänge am Aktienmarkt betroffen. Am stärksten leiden Konzerne mit arabischer Beteiligung wie VW und Daimler oder einem hohen Auftragsvolumen in der Region sowie Banken. Ein direktes Investment in die Region ist nur über Fonds möglich. Es gibt in Deutschland rund 100 Investmentfonds, die in den Mittleren Osten investieren. Hier müssen sich Anleger auf Kursrückschläge einstellen, nachdem diese Produkte im laufenden Jahr einen Wertzuwachs von bis zu 35 Prozent verzeichnet haben. Werner Hedrich, Leiter des Fondsresearch bei Morningstar, rät generell von Investments in der Region ab. "Wo Kapital reichlich vorhanden ist, steigt die Gefahr, dass es nicht effizient im Interesse der Anleger eingesetzt wird", sagt er.

Stärkere Verluste drohen Anlegern, die in geschlossene Immobilienfonds in Dubai investiert haben. Wenn die Projekte ins Wanken geraten, müssen die Anleger die Verluste tragen.

Steht ein neuer Einbruch an den Aktienmärkten bevor?

"Dafür sind die Summen, um die es geht, nicht groß genug", sagt Carsten Klude von M.M.Warburg & CO. Nach Schätzungen der Credit Suisse haben europäische Banken Kredite für bis zu 40 Milliarden Dollar an Staatsunternehmen aus Dubai vergeben. "Solange die Notenbanken die Zinsen nicht anheben und die Liquiditätsversorgung nicht zügeln, werden die Aktienmärkte ihren Aufschwung fortsetzen", sagt Jochen Intelmann von der Hamburger Sparkasse. "Die Krise sollte nicht unterschätzt werden, da sich die Auswirkungen noch nicht genau abschätzen lassen", sagt dagegen Professor Dirk Schiereck von der TU Darmstadt. "Die Banken sind inzwischen deutlich geschwächt und bewegen sich am unteren Rand der Eigenkapitalausstattung."

Warum hat Dubai Zahlungsschwierigkeiten?

Das Emirat gehört zu den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) "und ist sehr aggressiv gewachsen, was sich in der Finanzkrise gerächt hat", sagt Professorin Juliane Brach von der Universität Kopenhagen, die gleichzeitig Mitarbeiterin am Giga Institut für Nahoststudien ist. Dort sind die Immobilienpreise um 50 Prozent gesunken. "Bauprojekte im Wert von knapp 600 Milliarden Dollar wurden eingefroren", so Brach. Gleichzeitig hat das Land, das über die geringsten Ölvorräte der Emirate verfügt, massiv im Ausland investiert. Auch diese Beteiligungen haben im Zuge der Finanzkrise an Wert verloren. Schon im Frühjahr hatte das Nachbaremirat Abu Dhabi Dubai finanziell unter die Arme gegriffen.

Droht ein Staatsbankrott?

Das ist nicht zu erwarten. "Wir glauben an die finanzielle Unterstützung der Golfstaaten wie Abu Dhabi", sagt Luis Costa von der Commerzbank. Auch Expertin Brach rechnet damit. "Aber als Gegenleistung könnte Dubai aus der Führungsrolle der Emirate, die es sich mit Abu Dhabi teilt, ausscheiden." Allerdings müssen Investoren bei der Schuldenrestrukturierung mit Verlusten rechnen. "Eine Kapitalvernichtung von 40 bis 50 Prozent ist keineswegs absurd", sagt Costa. "Künftig werden sich die Investoren nicht mehr von einer Kulisse goldener Paläste blenden lassen", sagt Schiereck.

Wie wird sich der Handel mit der Region entwickeln?

Im ersten Halbjahr haben deutsche Unternehmen für 14 Milliarden Euro Waren in die arabischen Länder investiert, ein Minus von acht Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. "Die Emirate werden auch weiterhin verstärkt ausländische Investitionen ins Land holen", sagt Helene Rang, Geschäftsführender Vorstand des Nah- und Mittelost-Vereins. Hier könnten sich deutsche Unternehmen aber noch stärker engagieren, denn gemeinsame Projekte hätten eine größere Bedeutung als der reine Warenaustausch. Was Dubai anbetrifft, so erwartet Rang, dass sich die Handelsaktivitäten wieder auf ein Normalmaß einpendeln werden. "Dubai hat sich als internationale Wirtschaftsdrehscheibe etabliert, folglich ist es stärker an die westlichen Länder angebunden und deshalb stärker von der Finanzkrise betroffen."