Die Schnäppchenjagd im Supermarkt stagniert, das Non-Food-Sortiment ist ausgereizt. Experten erklären das mit einer Übersättigung.

Berlin. Skianzüge, Fitnessgeräte und Brattöpfe - jede Woche stapelt sich bergeweise bei Aldi und Co. neue Aktionsware. Nach dem billigen Flachbildfernseher oder dem besonders günstigen Laptop stehen die Kunden aber schon längst nicht mehr Schlange.

Das Geschäft mit den wöchentlich wechselnden Angeboten stagniert. Handelsexperten sprechen sogar von einer massiven Marktübersättigung und Krise im sogenannten Non-Food-Geschäft. "Die Schnäppchenjagd im Discounter ist kein Selbstläufer mehr", sagt Mattias Queck vom Handelsinformationsdienst Planet Retail.

"Wenn der Kunde schon den dritten Ersatztoaster im Keller stehen hat, kauft er keinen vierten mehr", betont Queck. Die Angebote in den rund 15 000 Billigheimern seien nichts Besonderes mehr und hätten schon längst ihr Alleinstellungsmerkmal verloren. "Wenn es an jeder Ecke günstig Nordic-Walkingstöcke oder Reitgerten gibt, geht der Kaufreiz verloren." Früher funktionierte das Konzept noch, wenn beispielsweise nur zehn Computer günstig auf den Markt gebracht wurden. "Heute sagen sich die Leute, wenn ich es bei Aldi nicht bekomme, gehe ich eben zu Lidl oder Netto." Supermärkte setzen nun wieder mehr auf Frischware.

"Aldi, Lidl und Co. haben Probleme"

Nach Angaben des Nürnberger Marktforschungsunternehmens GfK begann die Krise bei den Aktionsartikeln schon vor rund sechs Jahren. Damals ging der Umsatz von 170 auf 150 Milliarden Euro zurück. Seit dem Jahr 2004 stagniert er. "Aldi, Lidl und Co. haben da immer mehr Probleme. Das zeigen auch die Retouren und Resteverkaufsaktionen", betont Konsumforscher Wolfgang Twardawa.

Auch das Europäische Handelsinstitut (EHI) beobachtet, dass die Supermärkte generell wieder mehr frische Ware und weniger Non-Food-Artikel in die Regale stellen. "Ursprünglich sollten mit den Aktionsartikeln ja zusätzliche Kunden in die Märkte gelockt werden. Wenn das nicht mehr gelingt, hat das Auswirkungen auf das Kernsortiment", sagt Twardawa.

Mittlerweile versuchen die Unternehmen von vornherein vorsichtiger zu disponieren oder konzentrieren sich wieder auf ihr Kerngeschäft mit Lebensmitteln. "Dann rufen Aldi oder Lidl halt spanische oder französische Spezialitätenwochen aus."

"Was da an Zeug liegt, ist atemberaubend"

Doch wo bleiben die Riesenmengen unverkaufter Waren? "Was da an Zeug in den Läden liegt, ist schon atemberaubend", sagt Discount-Experte Queck von Planet Retail. Vieles werde außerhalb der Filialen beispielsweise bei Sonderverkaufsaktionen auf Großparkplätzen verscherbelt. Liegengebliebene Artikel landen auch bei Anbietern im Internet oder den diversen Resterampen. "Oft wird aber auch einfach so lange der Preis reduziert, bis die Ware weg ist", sagt Queck.

Aldi hatte vorübergehend sogar einen Restemarkt "1001" in Mannheim, der letztlich aber wieder aufgegeben wurde. Lidl soll eigene Restelager betreiben und übrig gebliebene Artikel über Megacentläden verkaufen. Die Unternehmen schweigen sich darüber aus. "Dazu geben wir aus grundsätzlichen Erwägungen keine Auskunft", heißt es beispielsweise bei Aldi Süd. Aldi Süd und Nord bieten in ihren rund 4300 Märkten zweimal pro Woche 20 bis 30 Aktionsartikel an.

Der Hamburger Kaffeeröster Tchibo, der Anfang der 1970er-Jahre als erstes Unternehmen "wechselnde Produktwelten" auf den Markt brachte, reagierte bereits auf die abflauende Nachfrage nach Kerzenhaltern, Jogginghosen und Reiseweckern. So wurde das Vertriebsnetz spürbar gestrafft - derzeit gibt es 900 Filialen und rund 45 000 Verkaufsstellen - und die Produktpalette ist aufgefrischt worden. Jährlich stellt Tchibo etwa 1500 Artikel in die Regale oder ins Internet, jede Woche sind es 30 neue Produkte zu unterschiedlichen Themen.