Unternehmen begründen Schritt mit höheren Abgaben für erneuerbare Energie. Verbraucherschützer rufen zum Wechsel auf.

Hamburg. Stromkunden müssen wieder einmal tiefer ins Portemonnaie greifen. Zum Jahreswechsel wollen mindestens 40 Energieanbieter die Preise um durchschnittlich fünf Prozent erhöhen. Und auch zahlreiche Kunden in Norddeutschland sind betroffen. Damit setzt sich ein nun zehnjähriger Trend fort: Seit dem Jahr 2000 sind die Strompreise für Privatkunden stetig gestiegen - in der Zwischenzeit sind es auch durch höhere Steuern insgesamt rund 40 Prozent.

Nutzen Sie jetzt unseren Energiepreis-Rechner und finden Sie den günstigsten Strom- oder Gaslieferanten für Ihr Zuhause.

Die Stromversorger begründen die Anhebungen mit höheren Kosten durch die Einspeisevergütung für erneuerbare Energien. In diesem Jahr belasten diese Vergütungen den Strompreis noch mit 1,2 Cent pro Kilowattstunde. 2010 werden es nach Angaben des Hamburger Vattenfall-Chefs Rainer Schubach 2,04 Cent sein. Im kommenden Jahr müssen von den deutschen Stromverbrauchern insgesamt zwölf Milliarden Euro an Vergütungen für die Produzenten von regenerativer Energie aufgebracht werden. Das ist laut Schubach doppelt so viel wie im Jahr 2007. Der Grund: In Deutschland wird immer mehr Strom aus regenerativen Quellen wie Wind- oder Sonnenenergie erzeugt, für den diese Vergütung fällig wird.

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) widersprach Vattenfall. "Die erneuerbaren Energien sind nicht die Kostentreiber, wie man an der Preisentwicklung der letzten Jahre sehen kann. Sie haben im Gegenteil einen kostensenkenden Effekt an der Strombörse", betonte BEE-Geschäftsführer Björn Klusmann. Die neue Umlage im Gesetz für die erneuerbaren Energien (EEG) dürfe von den Stromkonzernen deshalb nicht zum Anlass für Strompreiserhöhungen genommen werden.

Für Privatkunden von Vattenfall steigen die Preise im Schnitt um 4,4 Prozent. Im Detail müssen sie künftig bei gleich bleibender Grundgebühr im (teuersten) Basistarif 20,01 Cent je Kilowattstunde zahlen - statt bisher 19,04 Cent. Im Kompakttarif werden 19,00 Cent statt bisher 18,03 Cent verlangt. Auf einen Durchschnittshaushalt mit einem Verbrauch von 2500 kWh im Jahr kommen demnach Zusatzkosten von zwei Euro pro Monat zu.

Vattenfall hatte nach massiver Kundenabwanderung bei der letzten Preiserhöhung 2007 über zweieinhalb Jahre seine Tarife nicht mehr verändert, während viele Konkurrenten ihren Strom bereits zum 1. Januar 2009 verteuerten. Laut Schubach kehren inzwischen Abtrünnige wieder zu dem Unternehmen zurück. "Wir haben derzeit 4000 Kunden mehr als zum Jahresanfang", sagte Schubach. Konkurrenten von Vattenfall hatten in diesem Jahr nach den Pannen im Kernkraftwerk Krümmel berichtet, dass Tausende Kunden dem Unternehmen den Rücken gekehrt hätten. "Solche Aussagen kann ich nicht nachvollziehen", so der Hamburger Vattenfall-Chef. Das Unternehmen habe in Hamburg einen Marktanteil von 82 Prozent. Auch wegen der Pannen in Krümmel will die schwedische Vattenfall-Mutter in wenigen Wochen seinen Chef Lars G. Josefsson ablösen. Der bisherige Nuon-Chef Øystein Løseth soll auf den 59-jährigen Josefsson folgen.

"Wir verdienen an der jetzigen Preiserhöhung keinen Cent, sondern geben nur gestiegene Kosten weiter", sagte Schubach gestern in Hamburg. Dennoch rät Günter Hörmann, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Hamburg, den Kunden zum Anbieterwechsel. "Wir haben von der Vattenfall-Mutter in Schweden schon oft genug gehört, dass sie über die guten Gewinne auf dem deutschen Markt erfreut ist. Die Kunden sollten sich einen günstigeren Anbieter suchen", sagte Hörmann.

Der Hamburger Ökostromanbieter Lichtblick begründet seine Preiserhöhungen ebenfalls mit den gestiegenen Einspeisevergütungen und darüber hinaus mit höheren Netznutzungsentgelten, die die deutschen Netzbetreiber von den Stromlieferanten verlangten. Bei Lichtblick steigt somit zum Jahresanfang der Arbeitspreis von 19,99 Cent je kWh auf 21,99 Cent und der monatliche Grundpreis von 7,95 auf 8,95 Euro. Um 14 Prozent teurer wird der Oldenburger Anbieter EWE, während die Stadtwerke Flensburg noch überlegen, ob sie ihre Preise in Hamburg verändern werden. In Flensburg selbst wurden die Tarife allerdings schon zum 1. Oktober angehoben.

Stromkonzerne müssen Preisänderungen mindestens sechs Wochen, bevor diese in Kraft treten sollen, ankündigen. Somit sollten Wechselwillige zumindest noch den heutigen Tag abwarten, um sicherzugehen, dass der neue Anbieter seine Preise nicht ebenfalls zum 1. Januar erhöht.