Mit einem radikalen Konzernumbau will die Telekom Millionen sparen. Gestern stimmte die Hauptversammlung der neuen Strategie zu.

Hamburg/Hannover. Zwei junge Männer in Berlin, hinter ihnen ein bunt beschmiertes Mauerstück, vor sich halten sie ein Smartphone. Per Handyvideo schicken sie einen Gruß an ihre Freundinnen zu Hause. "Grenzen gab's gestern", heißt die neue Werbekampagne der Deutschen Telekom. Sie passt nicht nur zum 20. Jubiläum des Mauerfalls, sondern auch zur Neustrukturierung des früheren Monopolisten: Bereits im Februar hatte Telekom-Vorstandschef René Obermann angekündigt, die beiden wichtigsten Konzernsparten Festnetz und Mobilfunk zusammenzulegen.

Die Aktionäre gaben gestern auf der dafür anberaumten außerordentlichen Hauptversammlung in Hannover grünes Licht für den radikalen Konzernumbau, den Branchenexperten als längst überfällig betrachten. "Das alte Telekom-Problem, dass sich die Sparten Festnetz und Mobilfunk Konkurrenz machen, wird damit endlich gemindert", sagte Telekommunikationsexperte Professor Torsten Gerpott vom Beratungsunternehmen Dialog Consult dem Abendblatt.

Auch der Telekom-Vorstand geht davon aus, dass sich die neue Struktur auszahlen wird: Bis zu 600 Millionen Euro jährlich soll die Integration in einigen Jahren an Synergien bringen. Ein Drittel davon sind laut Telekom-Finanzchef Timotheus Höttges Kosteneinsparungen unter anderem bei IT-Systemen, der Rest sei auf die erwartete Umsatzsteigerung zurückzuführen. Der Hintergrund: Nur ein Fünftel der 29 Millionen Telekom-Kundenhaushalte haben nach Firmenangaben sowohl einen Festnetz- als auch einen Handyvertrag.

"Sollten wir von den übrigen Kunden auch nur ein Prozent als Doppelkunden gewinnen, kann unser Umsatz um bis zu 100 Millionen Euro pro Jahr steigen", sagte Obermann. "Unsere Kunden fordern Produkte, die ihnen ein stärker vernetztes Leben ermöglichen." Mit den Angeboten der neuen Telekom Deutschland GmbH, die Anfang 2010 an den Start geht, sollen digitale Inhalte unkompliziert und in guter Qualität über verschiedene Geräte abrufbar sein - etwa unterwegs über das internetfähige Handy sowie zu Hause am Computer. Der große Vorteil: Kunden, die sowohl einen Festnetz- als auch einen Mobilfunkvertrag bei einem Anbieter haben, gelten als deutlich treuer.

Und Kundentreue ist ein Pfund, mit dem der marktbeherrschende Telekommunikationsanbieter in der Vergangenheit nicht gerade wuchern konnte. "Im Jahr 2009 wird die Telekom mehr als zwei Millionen Kunden im Festnetzgeschäft verlieren", prognostiziert Gerpott. Bereits seit Jahren kämpfen die Telekommunikationskonzerne mit Umsatzrückgängen vor allem im klassischen Sprachgeschäft. Mit diversen Übernahmen auf dem deutschen Markt arbeitet die Konkurrenz längst an integrierten Angeboten: So hat die spanische O2-Mutter Telefonica vor Kurzem angekündigt, das Hamburger Unternehmen HanseNet mit mehr als zwei Millionen DSL-Kunden zu kaufen.

Vodafone hat sein DSL-Standbein durch die Übernahme der Arcor-Kunden gestärkt und United Internet hat die Breitbandsparte von Freenet geschluckt. "Mit der Verschmelzung von Festnetz und Mobilfunk folgt die Telekom einem seit Jahren andauernden internationalen Trend", sagte Frank Rothauge, Analyst bei Sal. Oppenheim, dem Abendblatt. "Daran wäre der Konzern nicht vorbeigekommen." Er rechnet damit, dass sich die erwarteten integrierten Telekom-Angebote zugunsten der Verbraucher auswirken werden, etwa mit übergreifenden Flatrates im Familienkreis. "Auch die Konkurrenz wird dann sicherlich mitziehen."

Die neue Deutschland-Gesellschaft wird rund 85 000 Mitarbeiter an mehreren Hundert Standorten haben und rund 27 Millionen Festnetz- sowie 39 Millionen Mobilfunkanschlüsse betreuen. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete der Bereich einen Umsatz von 26 Milliarden Euro, rund 40 Prozent der gesamten Erlöse des Konzerns.

Zumindest die Anteilseigner der Telekom ließen sich von den Wachstumsversprechen der Vorstände überzeugen: 99,95 Prozent hätten sich für die Zusammenlegung ausgesprochen, teilte ein Konzernsprecher mit.

Nutzen Sie jetzt unseren Telekommunikationsanbieter-Vergleich für den günstigsten Anschluss für Ihr Zuhause.