79 Prozent der Chefs sehen Aufschwung. Viele Lehrstellen unbesetzt. Kaum noch Bewerber aus Mecklenburg.

Hamburg/Berlin. Ein Umsatzminus von zwei Prozent in diesem Jahr, von noch einem Prozent 2010 und erst 2011 wieder die Wende zum Besseren: Das deutsche Handwerk wird sich nur langsam aus der Rezession herauskämpfen. Das jedenfalls erwartet der Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Hanns-Eberhard Schleyer. In Hamburg dagegen sieht es besser aus. "Wir rechnen für 2009 mit einem stabilen Wert, im kommenden Jahr wird der Umsatz nur sinken, wenn bis dahin die Konjunktur nicht angesprungen ist", sagte Josef Katzer, der Präsident der Handwerkskammer Hamburg, gestern dem Abendblatt. Zuletzt erzielte die Branche in Hamburg, zu der 129 000 Beschäftigte zählen, einen Umsatz von 13,3 Milliarden Euro.

Immerhin hat sich die Wirtschaftslage im bundesweiten Handwerk vom Spätsommer an spürbar belebt, wie aus der aktuellen Konjunkturumfrage unter 22 900 Betrieben hervorgeht. Dabei beurteilten mehr als drei Viertel der Inhaber (76 Prozent) ihre Geschäftslage als gut oder befriedigend. Das sind zwölf Prozent mehr als im ersten Quartal und fast so viele wie noch im Vorjahr (77 Prozent). Hamburg liegt bei diesem Wert ebenfalls besser als der Bundesdurchschnitt. In der Hansestadt sind sogar 79 Prozent der Firmenchefs mindestens zufrieden.

In der Branche werde trotz Krise weitgehend versucht, die Belegschaften konstant zu halten, versicherte Schleyer. Er rechnet allenfalls damit, dass in diesem Jahr 40 000 der insgesamt 4,8 Millionen Arbeitsplätze verloren gehen. Das entspricht einem Anteil von 0,8 Prozent.

"Ich habe von Kündigungen wegen der Krise noch gar nichts gehört", versichert Hamburgs Handwerker-Präsident. Dabei spielt es nicht nur eine Rolle, dass die Firmen ihre Fachleute halten wollen. "Es geht auch darum, dass die Hamburger Chefs ihre Mitarbeiter kennen und wissen, was auf sie nach einer Kündigung zukommen würde", sagt Katzer. Kein Wunder: Im Durchschnitt haben die 15 000 Firmen in der Hansestadt gerade acht Beschäftigte.

Stark betroffen von der wirtschaftlichen Talfahrt sind derzeit jedoch Zulieferer, vom Export abhängige Firmen und in Hamburg zudem Betriebe, die mit der Hafenwirtschaft zusammenarbeiten. So beurteilen bundesweit 35 Prozent der Zulieferbetriebe ihre Lage als schlecht. Im Vorjahr waren es lediglich 16 Prozent.

"Die Gewinnmargen werden insgesamt enger", sagt Katzer. Im Exportgeschäft seien die Umsätze zum Teil sogar um bis zu 50 Prozent gesunken. Eine Kreditklemme sieht der Kammerpräsident in Hamburg jedoch nicht. "Allerdings dauern die Genehmigungen oftmals lange, weil die Banken wegen der hohen Nachfrage überlastet sind."

Die Lage stabilisiert haben die Konjunkturpakete der Bundesregierung. Von den Milliarden hätten viele kleine Firmen profitiert, so Schleyer. Auch in Hamburg gibt es derzeit etliche Bauvorhaben auf Straßen oder in Schulen, bei denen das Handwerk neue Aufträge hereinholen konnte. Zudem hätten derzeit auch Raumausstatter gut zu tun. "Die Menschen investieren in die Ausstattung ihrer Wohnungen oder auch in den Wärmeschutz", sagt Katzer. Ob sich dies aber auch im kommenden Jahr fortsetzt, ist noch offen.

Bundesweit sind derzeit 10 000 Lehrstellen unbesetzt. Eine Entwicklung, die auch in Hamburg zu beobachten ist. "Es gab zuletzt deutlich weniger Bewerber. Aus Mecklenburg-Vorpommern kommt kaum noch jemand nach", hat Katzer beobachtet. Jetzt setzt die Kammer verstärkt auf zwei Gruppen: Jugendliche mit Migrationshintergrund sollen eingestellt und im kommenden Jahr möchte man auch einen Teil des doppelten Abiturjahrgangs für die Branche gewinnen.

So haben Oberschüler nach ihrem Abschluss im Handwerk die Möglichkeit, neben der Ausbildung zu studieren und dabei einen Bachelor of Art zu erwerben. "Der schließt auch zwei der vier Teile der Meisterprüfung ein", wirbt Katzer. Bis zum Meisterbrief muss man dann nur noch drei bis vier Monate lernen.