Hamburg. Nur zwischen den Zeilen lässt die Mitteilung über die Nachfolge von Vattenfall-Chef Lars G. Josefsson ahnen, dass er auf Druck der schwedischen Regierung und nicht zuletzt wegen der Störfälle in den deutschen Kernkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel gehen muss: Noch "vor dem Sommer 2010" werde Josefsson an der Spitze des staatseigenen Energiekonzerns durch den Norweger Øystein Løseth ersetzt, heißt es da. Im Sommer kommenden Jahres wäre Josefsson (59) aus Altergründen in den Ruhestand getreten.

Løseth ist derzeit Chef der des niederländischen Versorgers Nuon, der bereits zu 49 Prozent zu Vattenfall gehört und den die Schweden künftig komplett übernehmen wollen.

"Dieser Wechsel war längst überfällig", sagte Tobias Münchmeyer, Energieexperte bei Greenpeace, dem Abendblatt. "Weder nach den Unfällen in den beiden deutschen Reaktoren noch nach dem Störfall im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark hat Josefsson wirklich Konsequenzen gezogen. Stattdessen hat er Vattenfall als Pannenkonzern präsentiert." Zudem habe er "immer den Klimaschützer gemimt" und sei sogar Klimaberater von Bundeskanzlerin Angela Merkel gewesen, obwohl er tatsächlich vor allem die Stromerzeugung durch "schmutzige" Energieträger wie etwa Braunkohle vorangetrieben habe.

Schwedens Energieministerin Maud Olofsson hatte zuletzt den Plan von Josefsson kritisiert, das Stromnetz im Heimatmarkt zu verkaufen, um mit den Erlösen neue Geschäfte in Großbritannien zu finanzieren. Zudem ist die Regierung in Stockholm Berichten zufolge unzufrieden mit der Ausrichtung von Vattenfall auf die Stromerzeugung aus Kohle, Gas und Kernkraft und drängt auf mehr Engagement bei den erneuerbaren Energien.

Vor allem aber brachte Josefsson die Ministerin mit der von ihm im vergangenen Jahr unterzeichneten Haftungsverpflichtung für Unfälle in Vattenfalls norddeutschen Kernkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel gegen sich auf. Dies sei "nicht akzeptabel", so Olofsson. Abgesehen davon monierte man in Stockholm, Josefsson habe im Hinblick auf die Pannen in den beiden Atommeilern eine schlechte Figur als Krisenmanager gemacht und damit dem Image des Unternehmens geschadet.

Dies wirft allerdings die Frage nach der Zukunft von Tuomo Hatakka auf, dem Chef der deutschen Tochtergesellschaft Vattenfall Europe in Berlin. Der Finne ist einer der Stellvertreter Josefssons und galt als dessen Kronprinz. "Eine Änderung an der Spitze von Vattenfall Europe steht überhaupt nicht an", sagte ein Firmensprecher dazu dem Abendblatt. Hinzu kommt: Formal fallen die deutschen Kernkraftwerke nicht in die Verantwortung der Deutschland-Tochter des Konzerns. Für sie ist das Management in Stockholm zuständig.