Ryanair-Chef O'Leary setzt weiter auf den Flughafen Lübeck und verschenkt 500.000 Tickets für Flüge ab Bremen und Lübeck.

Hamburg. Europas größter Billigflieger Ryanair denkt darüber nach, auf dem Flughafen Lübeck ein Drehkreuz einzurichten. Damit würde die Zahl der von dem Unternehmen dort jährlich beförderten Passagiere von 700 000 auf zwei bis drei Millionen steigen, außerdem könnten 2000 neue Arbeitsplätze in der Region entstehen, sagte Ryanair-Chef Michael O'Leary gestern in Hamburg.



Allerdings ist die Zukunft des defizitären Flughafens Lübeck-Blankensee derzeit höchst ungewiss. Nachdem der neuseeländische Investor Infratil ausgestiegen ist, beschäftigt sich die Lübecker Bürgerschaft heute mit der Frage, ob es Geld für den Weiterbetrieb geben soll.


"Wir sind überzeugt, dass der Flughafen eine gute Zukunft mit uns haben wird", sagte O'Leary. Man habe bereits mit drei potenziellen Neuinvestoren gesprochen. Ryanair kündigte außerdem 500.000 Null-Euro-Tickets für Flüge von Lübeck und von Bremen aus zwischen Ende November und Mitte Dezember an. Zwar fallen keine zusätzlichen Steuern und Flughafengebühren an, wohl aber gegebenenfalls Gebühren für die Gepäckaufgabe oder für bevorzugtes Einsteigen.


Das Abendblatt sprach mit dem Ryanair-Chef, der für seine pointiert geäußerten Meinungen bekannt ist:


Abendblatt: Sie sind sehr kreativ darin, Ideen für Zusatzgebühren zu entwickeln - etwa für die Benutzung der Toiletten oder gar für die Spucktüten, auch wenn beides bislang nicht realisiert wurde. In der Branche werden Sie für solche PR-Gags heftig kritisiert. Mögen Sie es, nicht gemocht zu werden?


Michael O'Leary: Oh nein, 56 Millionen Passagiere lieben mich und nur das zählt. Kritisiert werde ich nur von meinen Konkurrenten. Das stört mich nicht.


Abendblatt: Sie sprechen ständig über sinkende Flugpreise, führen aber mehr und mehr Gebühren für diverse Dienstleistungen wie etwa die Gepäckbeförderung ein. Ist das nicht ein Widerspruch?


O'Leary: Unser Durchschnittspreis pro Flugstrecke, in den auch die Gebühren eingehen, ist in diesem Jahr um 20 Prozent auf 32 Euro gesunken. Wir erheben die genannten Zusatzgebühren nicht mit dem Ziel, unsere Umsätze zu steigern, sondern um die Passagiere zu Verhaltensänderungen zu bewegen, die unsere Kosten senken. So würde es uns helfen, wenn die Gäste nur noch mit Handgepäck reisen. Und würden weniger Menschen im Flieger auf die Toilette gehen, könnten wir zwei von drei Toiletten ausbauen und dafür sechs weitere Sitze installieren, wodurch die Ticketpreise sinken würden.


Abendblatt: Sie haben davon gesprochen, dass mittel- bis langfristig nur vier Fluggesellschaften in Europa überleben werden. Welche werden das sein?


O'Leary: Außer Ryanair die Lufthansa-Gruppe, eine Gruppe um Air France/KLM und British Airways, die wahrscheinlich die spanische Iberia kaufen wird.


Abendblatt: Und Ihr größter Konkurrent Easyjet? Und Air Berlin?


O'Leary: Beide haben das Problem, dass sie nicht mit unseren Kosten und mit unseren Preisen mithalten können, darum müssen sie starke Partner finden. Air Berlin wird wahrscheinlich irgendwann in die Lufthansa integriert.


Abendblatt: Sind Sie schon einmal mit der Lufthansa geflogen, die Sie so gern attackieren?


O'Leary: Ja, ein- oder zweimal auf Langstrecken. Lufthansa ist eine großartige Fluggesellschaft, wenn es um ihr Fernstreckennetz geht. Aber auf Routen innerhalb Europas hat ihr Geschäftsmodell keine Zukunft. Die Menschen werden nicht mehr einsehen, warum sie 300 oder 400 Euro für einen solchen Flug zahlen sollen. Und die Business-Klasse wird auf den kontinentalen Strecken verschwinden.


Abendblatt: Ist es denkbar, dass Ryanair nach Hamburg kommt?


O'Leary: Das würden wir, aber im Moment ist der Flughafen für uns zu teuer. Außerdem setzen wir darauf, dass es in Lübeck weitergeht. Hamburg braucht Ryanair dringender als wir Hamburg brauchen.