Die Produktion für die A320-Familie ist bereits gesenkt. Auch Airbus-Konkurrent Boeing hat immense Probleme mit neuen Fliegern.

Hamburg. Airbus ist auf dem besten Wege, das wichtigste Ziel des Krisenjahres 2009 zu erreichen: Bis Ende September hat der Flugzeugbauer 358 Jets an die Kunden übergeben - rechnet man dies auf das Gesamtjahr hoch, kommt man auf 477 Maschinen. Angepeilt war, wie im Vorjahr rund 480 Flieger auszuliefern. Ein völlig anderes Bild zeigt sich jedoch bei den Bestellungen: Nachdem im vergangenen Jahr noch Aufträge für 777 Jets eingingen, schraubte man das Ziel für 2009 bereits auf 300 herunter. Bisher erhielt Airbus aber erst 149 Neubestellungen, nach Stornierungen verblieben 123.



Und ein baldiger Aufschwung ist nicht in Sicht. "2010 wird für Airbus ein schwieriges Jahr, der Boden dürfte erst noch erreicht werden", sagte Sebastian Hein, Analyst beim Bankhaus Lampe, dem Abendblatt. "Die Gefahr ist groß, dass es im nächsten Jahr mehr Stornierungen gibt als 2009, weil der Leidensdruck bei den Fluggesellschaften noch zunehmen sollte." Erst kürzlich hat deren weltweiter Branchenverband IATA seine Prognose für den Jahresverlust der Airlines von zusammengenommen neun auf elf Milliarden Dollar (7,5 Milliarden Euro) heraufgesetzt.


Selbst Airbus-Verkaufsvorstand John Leahy rechnet mit einem "schwierigen Winter", denn die Fluggesellschaften hätten wegen der schlechten Wirtschaftslage nicht wie sonst üblich im Sommer ein Finanzpolster aufbauen können, um die verkehrsschwächere Jahreszeit gut überbrücken und neu bestellte Flugzeuge bezahlen zu können.


Über die noch vergleichsweise moderate Zahl von Stornierungen hinaus haben schon in den zurückliegenden Monaten zahlreiche Fluggesellschaften die Abnahme ihrer bestellten Maschinen teils um Jahre nach hinten geschoben. Es gelang dem Airbus-Verkaufsteam aber offensichtlich, als Ausgleich hinreichend Kunden zu finden, die ihre Jets früher haben wollten als ursprünglich vorgesehen.


Dennoch hat Airbus die Fertigungsrate für den Verkaufsschlager, die A320-Typenfamilie der kleineren Flieger, bereits von 36 auf 34 Stück im Monat gesenkt. "Ich kann mir gut vorstellen, dass die Produktionsrate in einzelnen Bereichen weiter nach unten korrigiert werden muss", sagte Hein. Die Branchenexperten der französischen Bank Société Générale gehen davon aus, dass Airbus im kommenden Jahr nur 420 Jets ausliefern kann. Auch nach Ansicht von Steve East, Analyst bei Credit Suisse, dürfte die Produktion aufgrund der schwachen Passagierzahlentwicklung weiter gesenkt werden. Für den großen Ersatzbedarf im Luftfahrtbereich, von dem viele Investoren sprechen, könne man keine Anzeichen erkennen. Bei der ebenfalls schweizerischen UBS erwartet man für 2012 sogar eine Produktionskürzung von rund 40 Prozent gegenüber dem aktuellen Niveau. Aufgrund von Überkapazitäten sei ein starkes Zurückfahren der Fertigung unausweichlich.


Eine offizielle Prognose für das kommende Jahr will Airbus erst auf der Jahrespressekonferenz im Januar 2010 nennen. Beruhigend dürfte allerdings der immer noch sehr hohe Auftragsbestand wirken: Mehr als 3500 Flugzeuge stehen nach aktuellem Stand in den Orderbüchern, das sichert rein rechnerisch Arbeit für mehr als sieben Jahre. Hinzu komme, dass der Airbus-Mutterkonzern EADS "finanziell sehr gut aufgestellt" ist, wie Analyst Hein anmerkt. Gut acht Milliarden Euro hat EADS nach eigenen Angaben in der Kasse. "Ich gehe fest davon aus, dass das Liquiditätspolster ausreicht, um die Flaute durchzustehen", so Hein.


"Es scheint auch, als komme Airbus besser durch die Krise als Boeing", meint der Experte. Zwar hat der US-Rivale bis Ende September 359 Jets ausgeliefert, praktisch genauso viele wie die Europäer. Bei den Aufträgen aber sieht es schlechter aus: Nach 111 Stornierungen blieben netto nur 70 Neubestellungen in den Büchern. Abbestellt wurden überwiegend Maschinen des neuen Langstreckentyps 787 Dreamliner. Dieser Flieger hat sich für Boeing mittlerweile ohnehin zum Albtraum entwickelt. Aufgrund diverser technischer Probleme liegt das Projekt um rund zwei Jahre hinter dem Zeitplan zurück, der Erstflug ist nach mehreren Verschiebungen nun für Ende 2009 geplant.


Schwierigkeiten gibt es aber auch bei dem neuen Frachtjumbo 747-8. Auch für diesen Jet musste Boeing vor wenigen Tagen eine Verzögerung des Jungfernflugs ankündigen, außerdem entstünden Mehraufwendungen von einer Milliarde Dollar - keine guten Vorzeichen für das schwierige Jahr 2010.