Transnet-Chef warnt vor drastischem Stellenabbau. Staatskonzern versichert: “Keiner wird arbeitslos.“

Hamburg. Die Wirtschaftskrise trifft die Deutsche Bahn mit voller Wucht. Die rückläufige Produktion der deutschen Industrie sowie schrumpfende Exporte haben insbesondere dem Güterverkehr einen drastischen Umsatzeinbruch von 25 Prozent im ersten Halbjahr beschert. Seit März arbeiten bereits 8500 Mitarbeiter im Schienengüterverkehr kurz, 30 000 Waggons - und damit jeder Dritte - stehen stillgelegt auf dem Abstellgleis. Angesichts der unverändert schlechten Konjunktur befürchtet die größte Gewerkschaft der Eisenbahner, Transnet, dass mittelfristig bis zu 13 000 Stellen bei dem Staatskonzern gefährdet sind. Diese Zahl nannte jetzt der Transnet-Vorsitzende und Mitglied im Bahn-Aufsichtsrat, Alexander Kirchner.

Bisher hatte der Bahnvorstand für Transport und Logistik, Karl-Friedrich Rausch, lediglich von rund 4000 Stellen gesprochen, die durch die geringeren Transportaufträge im Güterverkehr wegfallen könnten. Dabei gäbe es für 2400 Beschäftigte dauerhaft keine Arbeit mehr, 1500 Jobs fielen durch strukturelle Anpassungen weg. Die Bahn wollte die neue Jobprognose nicht kommentieren, nur so viel: "Die genannten Zahlen können wir nicht bestätigen."

Bei der Bahn gelte bis Ende 2010 zudem ein Beschäftigungssicherungspakt, der betriebsbedingte Kündigungen ausschließt. Insofern versicherte ein Bahnsprecher: "Kein Bahner wird deshalb arbeitslos." Zudem funktioniere auch der konzerninterne Arbeitsmarkt. Sobald eine Stelle wegfalle, werden in der Regel drei von vier Mitarbeitern sofort an einem anderen Platz eingesetzt. Die übrigen Betroffenen erhielten eine Fortbildung. So werden derzeit Lokführer aus dem Güterverkehr zu Fahrdienstleitern für den Einsatz in Stellwerken weitergebildet.

Die befürchtet hohe Zahl zum Stellenabbau ist nach Abendblatt-Informationen ein "Worst case"-Szenario (also für den schlechtesten Fall) eines Strukturanpassungsprogramms "react09", das unter dem neuen Bahnchef Rüdiger Grube umgesetzt werden soll. Dieses umfasst neben Anpassungen im Güterverkehr auch eine Verschlankung der Verwaltung um 1500 Stellen.

Die Deutsche Bahn AG hatte Ende des vergangenen Jahres insgesamt rund 240 000 Mitarbeiter, bei der Eisenbahntochter Mobility Logistics AG arbeiteten knapp 180 000 Beschäftigte. Die jährliche Fluktuationsrate beträgt bei der Bahn etwa zwei Prozent - oder rund 5000 Mitarbeiter. Der mögliche Stellenabbau könnte damit theoretisch innerhalb der nächsten drei Jahre vollzogen werden, ohne auch nur eine Kündigung auszusprechen.

Die Bahn geht laut Kirchner zurzeit davon aus, dass das Gütervolumen auf der Schiene im Jahr 2011 immer noch um elf Prozent unter dem Rekordniveau von 2008 liegen wird.

Es sei "klar und bekannt", dass DB Schenker Rail hart von der Wirtschaftskrise betroffen sei, sagte ein Bahnsprecher. Entsprechend müsse gegengesteuert werden. Der Transnet-Chef kritisierte dagegen das geplante Sparprogramm als "Überreaktion auf die Krise". Es sei "völlig falsch", sich jetzt aus der Fläche zurückzuziehen. Kirchner warnte davor, dass der Konzern beim Anspringen der Konjunktur nicht genügend Personal an Bord habe, um schnell und angemessen auf den neuen Aufschwung reagieren zu können.