Mehr als ein Jahr haben sie gehofft, Freischichten gemacht, Kurzarbeit zugestimmt und wegen der Wirtschaftskrise im vergangenen Frühjahr sich sogar nicht gegen betriebsbedingte Kündigungen von 19 Mitarbeitern aufgelehnt.

Hamburg. Doch es hat nichts genützt: Der Aufsichtsrat von Kolbenschmidt Pierburg besiegelte jetzt das Aus für sein Hamburger Werk mit zuletzt 188 Mitarbeitern. Ende 2009 soll demnach die Produktion von Hamburg an den Hauptstandort Neckarsulm verlagert werden.

"Im Mai noch hat man uns versprochen, dass wir 2010 das ganze Jahr über Kurzarbeit machen werden, erst Ende 2010 solle dann über die Zukunft des Standorts entschieden werden", sagte gestern der Hamburger Betriebsratsvorsitzende Ibrahim Solak dem Abendblatt. Von dem jetzigen Beschluss zur Werksschließung wurde er kalt erwischt.

Schon vor der Aufsichtsratssitzung kündigte Kolbenschmidt zudem einen Ergänzungstarifvertrag, der bereits im Mai ausgehandelt wurde. In solchen Vereinbarungen werden Abweichungen zum Flächentarifvertrag ausgehandelt, die meist zulasten der Mitarbeiter gehen. Um das Unternehmen finanziell zu entlasten, hat der Betriebsrat darin zahlreichen Vereinbarungen wie etwa den betriebsbedingten Kündigungen und Aufhebungsverträgen für ältere Mitarbeiter zugestimmt.

Solak hat nun Klage gegen die Kündigung des Ergänzungstarifvertrags eingereicht. Am 23. Oktober verhandelt das Arbeitsgericht darüber. "Zudem wollen wir vor Gericht durchsetzen, dass so lange keine Produktionslinien von Hamburg nach Neckarsulm verlegt werden dürfen, bis wir einen Interessensausgleich vereinbart haben."

Geht es nach dem Willen der Kolbenschmidt-Geschäftsleitung, dann soll der Hamburger Betriebsrat beim kommenden Sozialplan nicht mitreden dürfen. "Die Geschäftsleitung will das Thema mit dem Gesamtbetriebsrat verhandeln", sagte Solak. Doch der sitzt in Neckarsulm, also dort, wo durch die Verlagerung der Hamburger Produktion neue Jobs entstehen oder weniger als befürchtet abgebaut werden.

Ein Kolbenschmidt-Sprecher bestätigte gestern dem Abendblatt, dass es "Verhandlungen über die Schließung des Hamburger Werks" gibt. Einen Zeitplan, wann der Beschluss des Aufsichtsrats umgesetzt werden kann, nannte er aber nicht.