Nachdem die EU-Kommission tiefe Zweifel am Opel-Magna-Deal geäußert hat, bleibt die Bundesregierung dennoch demonstrativ gelassen.

Brüssel/Berlin. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg rechnet nicht damit, dass die Verkaufsverhandlungen noch einmal neu aufgerollt werden müssen. Es habe "die eine oder andere missverständliche Äußerung" gegeben, sagte der CSU-Politiker. Missverständnisse könnten aber ausgeräumt werden.

Auch Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz gab sich entspannt: Die Äußerungen von EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hätten "keine Auswirkungen auf die laufenden Verhandlungen" über den Opel-Verkauf, sagte der Gewerkschafter. Die Verhandlungen zogen sich am Wochenende weiter hin. Knackpunkt sei die Frage der Kapitalbeteiligung durch die Belegschaft, sagte Franz.

Zuvor hatte die EU-Kommission am Freitagabend die Entscheidung für den Verkauf der Opel-Mehrheit an den Autozulieferer Magna grundsätzlich infrage gestellt. Die Bundesregierung sollte dem Opel-Mutterkonzern GM "Gelegenheit geben, das Ergebnis des Bieterprozesses zu überdenken", hatte Kroes erklärt. Die Zahlung von Beihilfen dürfe nicht davon abhängig gemacht werden, dass ein bestimmter Bieter den Zuschlag erhalte.

Hintergrund: Die Kommission wacht als oberste Wettbewerbsaufsicht in der EU darüber, dass Subventionen von Staaten nicht die freie Konkurrenz in der EU verzerren. Bei Opel/Magna ist nach früherer Darstellung der Bundesregierung allerdings keine Einzelfallprüfung der EU-Wettbewerbshüter nötig. Die Kredite und Bürgschaften fließen aus dem 115 Milliarden Euro umfassenden "Wirtschaftsfonds Deutschland", der wegen der Wirtschaftskrise für Not leidende Firmen eingerichtet wurde. Dieses Kredit- und Bürgschaftsprogramm wurde von der EU-Kommission bereits gebilligt. Kroes will sich aber Einzelmaßnahmen aus dem "Deutschlandfonds" genauer ansehen - besonders wenn es Bedenken Betroffener gibt. Bei Opel wurden von Spaniern, Briten und Belgiern Vorwürfe erhoben, dass die deutschen Werke bevorzugt würden.

Mit ihren Bedenken gegen den Magna-Deal zog sich Kroes scharfe Kritik deutscher Europa-Politiker zu. "Die EU-Wettbewerbskommissarin Kroes überschätzt sich und entscheidet nicht objektiv", zitierte die "Welt am Sonntag" Werner Langen, den Chef der deutschen Unions-Parlamentarier. Als Ex-Volvo-Aufsichtsratsmitglied müsse Kroes sich fragen lassen, ob sie nicht versuche, eine Marktbereinigung durch die Hintertür zugunsten ihres früheren Partners Volvo - heute Ford - durchzusetzen. Kroes' Brief reihe sich "nahtlos ein in ihre antideutsche Bilanz".

Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer bezeichnete die Brüsseler Bedenken als "völlig unverständlich". Der Opel-Deal sei der EU-Kommission seit Mai bekannt. Es sei daher völlig unklar, "wieso die EU-Kommission nach fünf Monaten den Vertragsabschluss blockiert und gefährdet". Kroes spiele mit der Existenz und Jobs der Opel-Mitarbeiter russisches Roulette: "Den Prozess von vorne zu starten überlebt Opel nicht."