Die Hamburger Tourismusbranche fühlt sich von der Stadt vernachlässigt - und will in den Aufgabenbereich der Wirtschaftsbehörde zurück.

Hamburg. Fast acht Millionen Übernachtungen, 6,3 Milliarden Euro Umsatz im vergangenen Jahr und 102 000 Beschäftigte: Die Tourismusbranche gehört mittlerweile zu den stärksten Wirtschaftsfaktoren in Hamburg. "Der Tourismus trägt inzwischen schon mit 5,8 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt in Hamburg bei", sagte gestern Bernd Eisenstein, Professor am Institut für Management und Tourismus der Fachhochschule Westküste, in Heide.

Auch dieses Jahr legt die Branche in Hamburg trotz der weltweiten Wirtschaftskrise zu. "Wir werden den Umsatz nochmals leicht steigern", sagte Dietrich von Albedyll, Geschäftsführer von Hamburg Tourismus, dem Abendblatt. Er ist zuversichtlich, dass sich die Zahl der Übernachtungen (7,7 Millionen im Jahr 2008) und der Umsatz bis 2020 verdoppeln werden. Helfen sollen dabei weitere Attraktionen wie die neue HafenCity und die Elbphilharmonie.

In den vergangenen Jahren gelang es Hamburg bereits, immer mehr Touristen in die Stadt zu locken. Nach Eisensteins Berechnungen kletterte die Zahl der Übernachtungen seit 2001 sogar um 67 Prozent. Gleichzeitig wurde das Image der Stadt bei deutschen Touristen immer besser. "Bei einer Umfrage unter 1153 Bürgern über den Bekanntheitsgrad von Urlaubszielen belegt Hamburg inzwischen hinter Berlin und München den dritten Platz", so Eisenstein. Immerhin 84 Prozent der Befragten ordnen der Hansestadt das Prädikat "Urlaubsziel" zu. In Berlin sind es 87 Prozent und in München 84 Prozent. "Bei den Sympathiewerten hat Hamburg sogar Berlin überholt", so Eisenstein.

Dennoch ist die Tourismuswirtschaft der Stadt um ihre Zukunft besorgt. Denn seit der Wahl der schwarz-grünen Regierung ist die Branche nicht mehr der Wirtschafts-, sondern der Kulturbehörde zugeordnet. Andere Organisationen, die ebenfalls Marketing für Hamburg machen, sind auch auf verschiedene Behörden verteilt. So ist die Marketing GmbH der Senatskanzlei unterstellt und die Hamburgische Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (HWF) der Wirtschaftsbehörde. Alle drei Organisationen und andere wie die Hamburg Messe arbeiten zusammen.

Um die Kooperation zu verbessern, plant die Stadt jetzt, sämtliche beteiligte Organisationen unter das Dach einer neuen Holding zu stellen. Und das stößt bei der Tourismusbranche auf Widerstand. "Eine zusätzliche Holding würde lediglich die organisatorischen Abläufe erschweren und damit zusätzliche Kosten verursachen", sagte Thomas Magold, Vorstandsvorsitzender des Tourismusverbandes Hamburg, in dem mehr als 1000 Unternehmen der Tourismuswirtschaft in Hamburg vertreten sind. Magold forderte, Hamburg Tourismus seine Eigenständigkeit zu lassen, da die Organisation in der Vergangenheit sehr erfolgreich gearbeitet habe. Zudem solle die Zuständigkeit für den Tourismus wieder - wie früher - der Wirtschaftsbehörde zugeordnet werden.

Die Branche sieht sich berechtigt, an die Stadt Forderungen zu stellen. Schließlich überweisen die Tourismusunternehmen mittlerweile rund sieben Millionen Euro im Jahr für den Etat von Hamburg Tourismus. Die Hansestadt Hamburg überweist derzeit dagegen nur 2,8 Millionen Euro für deren Arbeit.

Der Tourismusverband hat zu seinem "1. Tourismuspolitischen Frühstück" gestern auch alle tourismuspolitischen Sprecher der Bürgerschaftsfraktionen eingeladen. Doch keiner war da.