Zum Jubeln sei ihm am Sonntagabend beim Blick auf das Ergebnis der Bundestagswahl nicht zumute gewesen. “Im Gegenteil. Ich war ehrlich gesagt ein wenig irritiert“, sagt der Präsident der Hamburger Handwerkskammer, Josef Katzer, dem Abendblatt. Eine eher ungewöhnliche Antwort für einen Repräsentanten der Wirtschaft.

Hamburg. Schließlich haben mit CDU/CSU und FDP jene politischen Kräfte gewonnen, die als besonders wirtschaftsnah gelten. Katzer bedauert den Bedeutungsverlust der beiden Volksparteien, fürchtet mittelfristig eine Zersplitterung der Parteienlandschaft. Doch seine Bedenken hindern ihn nicht daran, konkrete Forderungen an das schwarz-gelbe Bündnis zu stellen.

Vor allem die kleinen und mittleren Betriebe müssen nach Katzers Auffassung von Steuern und Abgaben entlastet werden. Eine solche Politik führe zu Investitionen und schaffe zusätzliche Arbeitsplätze. Zudem fordert der Handwerkskammer-Präsident Lohnsteuersenkungen für die Mittelschicht: "Die Menschen müssen mehr netto im Portemonnaie haben, damit sie wieder einkaufen gehen und die Konjunktur ankurbeln." Katzers Rezept gegen die Krise ist nicht neu. Es hat Tradition bei den Wirtschaftsverbänden, dass sie sich für eine geringere Abgabenlast starkmachen. So stoßen auch die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in das gleiche Horn. Allerdings fällt der Ruf nach Entlastungen mit Blick auf den staatlichen Schuldenberg von mehr als 1,6 Billionen Euro vergleichsweise leise aus.

BDA-Präsident Dieter Hundt nennt die Abgabenentlastung für Unternehmen und Beschäftigte ein "mittelfristiges Ziel". Ihm ist klar: "Angesichts der Situation bei den öffentlichen Finanzen lässt sich dies nicht sofort realisieren." DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann warnt lediglich vor einer "Erhöhung von Steuern und Abgaben". Und der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Peter Keitel, weist explizit darauf hin, dass die Handlungsspielräume der Politik für Steuersenkungen wegen der angespannten Haushaltslage eng würden.

Als einen zentralen Punkt in ihren Forderungskatalog haben die Wirtschaftsverbände diesmal die reibungslose Vergabe von Krediten an Unternehmen aufgenommen. "Das oberste Gebot für die neue Bundesregierung lautet: Kreditfluss sichern!", sagt der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Nordmetall, Thomas Klischan. Die Unternehmen müssten in ausreichendem Maße an Kredite kommen, um sich aus "der Krise freizuschwimmen". In den vergangenen Monaten war immer wieder Kritik an den Geschäftsbanken laut geworden, sie würden sich bei der Kreditvergabe besonders knauserig zeigen.

Die Hamburger Handelskammer macht sich derweil vor allem für den norddeutschen Schifffahrtsstandort stark. So fordert Kammerpräses Frank Horch von der Bundesregierung "mehr Unterstützung für die Fahrrinnenanpassung der Unterelbe und die Hinterlandanbindungen des Hamburger Hafens". Zudem müsse bis zu einem Drittel der Investitionsmittel aus dem Haushalt des Bundesverkehrsministeriums in Projekte mit nationaler Bedeutung fließen. Horchs Forderung: "Schluss mit den Länderquoten!"

Die Außenhändler treibt vor allem die Sorge um den aus ihrer Sicht zunehmenden Protektionismus um. "Wir brauchen einen Außenwirtschaftsbeauftragten im Ministerrang, der sich auf internationaler Ebene für die Liberalisierung des Welthandels einsetzt", fordert der Präsident des norddeutschen Groß- und Außenhandelsverbandes AGA, Hans Fabian Kruse. Denn er ist sich sicher: "Unser Wohlstand beruht auf dem Export."