Die Kosten sind in Deutschland am dritthöchsten. Hamburger Aurubis befürchtet Aus für Kupferproduktion in Europa.

Hamburg. Der Brief ist eindringlich gehalten: Hamburgs Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) appelliert an Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD), schnellstens Wege einzuleiten, um Industriebetriebe bei den Energiekosten zu entlasten. Konkret geht es um die Hamburger Kupferhütte Aurubis, das Aluminiumwerk von Trimet und die Hamburger Stahlwerke, die alle extrem viel Strom verbrauchen.

"Hier in Hamburg wird mir immer wieder sehr überzeugend dargelegt, dass die Unternehmen in Deutschland deutlich höhere Strompreise als die Wettbewerber innerhalb und außerhalb der EU zahlen", heißt es in dem Schreiben, das dem Abendblatt vorliegt. Im Detail handelt es sich um die Kosten für die Zertifikate, mit denen sich die Industrie das Recht erkauft, den Klimakiller CO2 auszustoßen. Diese Kosten werden von den Energiekonzernen auf den Strompreis gerechnet. Und die Zertifikate werden, so die Prognosen der Industrie, immer teurer. "Heute liegen unsere CO2-Kosten bei 33 Millionen Euro im Jahr. Ende 2010 rechnen wir mit 80 Millionen Euro", sagte Heribert Hauck, Leiter Energiewirtschaft bei Trimet, dem Abendblatt.

Diese Summe würde das Unternehmen mit hoher Wahrscheinlichkeit in die Verlustzone bringen. Denn Geld hat Trimet im vergangenen Geschäftsjahr, das Ende Juni abgeschlossen wurde, wegen der gesunkenen Aluminiumpreise kaum verdient. Das Ergebnis liegt nur bei einer guten schwarzen Null.

Auch die Hamburger Kupferhütte Aurubis mit ihren 4700 Mitarbeitern muss für die Zertifikate zahlen. Bei dem Unternehmen würden sich die Energiekosten - getrieben durch die Ausgaben für die Zertifikate - ab 2013 auf rund 300 Millionen Euro im Jahr fast verdoppeln. "Wenn dies eintritt, bedeutet dies das Aus für die Kupferproduktion in Europa", so Aurubis-Sprecherin Michaela Hessling. In den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres lag der Aurubis-Konzernverlust bei neun Millionen Euro - auch wegen der CO2-Ausgaben.

Staaten in direkter Nachbarschaft zu Deutschland, wie etwa Frankreich, haben günstigere Industriestrompreise (siehe Grafik). Weltweit werden aber selbst die niedrigsten europäischen Tarife unterboten. "Wegen der hohen Energiekosten ist in Europa bereits seit Jahren nicht mehr in den Bau neuer Aluminiumhütten investiert worden", sagt Hauck. Neue Produktionsstätten würden meist in Asien oder Russland gebaut - mit weniger Maßnahmen zum Umwelt- und Klimaschutz und ohne Kosten für die CO2-Zertifikate. Dort sitzen auch die Wettbewerber der deutschen Betriebe. "Wir werden künftig genau prüfen müssen, ob wir in Europa investieren oder neue Projekte außerhalb Europas suchen", sagte auch Hessling.

Die Bundesregierung hat bereits reagiert und im Sommer 40 Millionen Euro für die energieintensive Industrie bereitgestellt. Doch dieses Geld reicht nur bis Ende des Jahres. Gedaschko fordert in seinem Schreiben nun, Wege zu finden, wie die Förderung bis Anfang 2013 ausgedehnt werden kann. Danach wird die energieintensive Industrie nach dem Willen der EU von den Zertifikatskosten befreit. "Wir brauchen schnelle Entscheidungen, denn nur dann haben wir Planungssicherheit bei künftigen Investitionen", sagte Hauck. Trimet verhandelt derzeit über Aluminiumlieferungen für neue Automodelle. Ziel solcher Gespräche sind Verträge, die über einen gesamten Modellzyklus laufen. "Doch solche Verträge können wir erst dann aushandeln, wenn wir Klarheit über die Entwicklung der Energiekosten haben", so Hauck.

Der Düsseldorfer Trimet-Konzern hatte im Mai 2007 die von den vorherigen Eignern geschlossene Aluhütte auf Finkenwerder wieder hochgefahren und 280 Jobs in Hamburg geschaffen. "Es wäre für mich fatal, wenn der positive Effekt der diesjährigen Hilfe durch zögerliche Fortführung der notwendigen Schritte ein einmaliger - und insoweit dann nutzloser - Vorgang bliebe. Das darf nicht passieren", appelliert Gedaschko an Guttenberg und Gabriel.