ING-DiBa entwickelt neue Informationsblätter. Viele Banken wollen erst folgen, wenn EU die Vorgaben konkretisiert.

Hamburg. Übersichtliche Informationen zu Finanzprodukten hätten viele Verbraucher vor hohen Verlusten bewahren können. Davon ist Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg überzeugt. "Am besten wäre für jedes Finanzprodukt ein Blatt, das über Risiken, Kosten, Rendite, Verfügbarkeit und andere wichtige Punkte verständlich aufklärt, so wie es das Verbraucherministerium fordert", sagt Castelló. Zwei Monate nach dem das Verbraucherministerium Vorgaben für ein solches Produktinformationsblatt gemacht hat, setzte die Direktbank ING-DiBa als erste Bank die Wünsche in die Tat um.

"Wir haben uns an die Vorgabe des Ministeriums gehalten und für zunächst 22 Produkte solche Produktinformationsblätter entwickelt", sagt Banksprecher Thomas Bieler. Demnächst soll es für jeden der 5000 vermittelten Investmentfonds ein solches Produktinformationsblatt geben. Dies darf jedoch nicht mit den Fondsinformationen verwechselt werden, die viele Kreditinstitute wie die Deutsche Bank jetzt schon anbieten. "Da wird mit den Anlageerfolgen der Vergangenheit geworben", sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

Kein Produkt ist zu einfach, um nicht wichtige Merkmale aufzulisten, etwa wie es um die Einlagensicherung oder die Besteuerung der Zinsen bestellt ist. So bekommen auch Tagesgeldkonto und Festgeldanlage der ING-DiBa ihren Beipackzettel. Beim Festgeld hätte die ING-DiBa noch auf einen wichtigen Punkt hinweisen können: Rührt sich der Anleger nach Ablauf der vereinbarten Anlagedauer nicht, wird das Festgeld erneut zu den dann gültigen Konditionen angelegt. Das muss nicht im Interesse der Anleger sein, vor allem, wenn die Zinsen inzwischen gesunken sind.

Die Postbank will dem Beispiel der ING-DiBa folgen. Ab 2010 müssen die Banken dem Kunden ein Beratungsprotokoll aushändigen. Es beinhaltet unter anderem den Anlass der Anlageberatung, Informationen über die persönliche Situation des Kunden und die Gründe für eine Empfehlung. "In diesem Zusammenhang planen wir eine Produktinformation zu der vorgeschlagenen Anlage auszuhändigen", sagt Postbank-Sprecher Ralf Palm.

Die Volksbank Hamburg sieht sich bereits auf Kurs. "In unseren Produktinformationsblättern sind alle wesentliche Kriterien enthalten, die das Verbraucherministerium fordert", sagt eine Sprecherin der Bank: "Das reicht aber nicht aus, denn ob sich eine Anlage für den Kunden eigne oder nicht, zeigt sich erst in der persönlichen Beratung."

Die Deutsche Bank habe bereits Produktinformationsblätter, sagt Unternehmenssprecherin Anke Veil. Acht Seiten sind für ein Zertifikat erforderlich. Dennoch fehlt ein wichtiger Risikohinweis, wie er sich im Beipackzettel der ING-DiBa für ein Zertifikat findet: "Das Produkt unterliegt nicht der Einlagensicherung. Ist der Emittent bei Fälligkeit des Zertifikates wirtschaftlich nicht in der Lage, den Anlagebetrag zurückzuzahlen, besteht für den Anleger ein Kreditausfallrisiko bis hin zum Totalverlust." Das ginge zwar noch verständlicher, aber Verbraucherschützerin Castelló ist überzeugt: "Bei einem solchen Risikohinweis hätten 80 Prozent der Lehman-Anleger die Zertifikate der US-Investmentbank nicht erworben."

"Das Produktinformationsblatt ist eine gute Alternative zu den Werbezetteln, die die Banken jetzt verteilen", sagt Nauhauser. Das Verbraucherministerium setzt dabei auf Freiwilligkeit. Im Gegensatz zum Beratungsprotokoll wird es für das Produktinformationsblatt keine gesetzliche Pflicht geben. Die Hamburger Sparkasse will die Vorgaben der EU für Produktinformationsblätter zunächst abwarten. "Die Banken spielen auf Zeit, weil sie hoffen, dass die Vorgaben der EU nicht so scharf formuliert sind", sagt Nauhauser. Eine berechtigte Hoffnung, denn die EU plant die Zusatzinformationen nur für Investmentfonds. Die Kreditwirtschaft lehnt die Blätter ohnehin ab. "Wir sprechen uns gegen eine Verwendung aus", heißt es in einem Schreiben an Verbraucherministerin Ilse Aigner.