Die Wirtschaftskrise setzt die deutsche Industrie zunehmend unter Druck. Die Zahl der Beschäftigten im verarbeitenden Gewerbe lag im Juli bei rund fünf Millionen, das sind 3,9 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.

Hamburg. Dies sei der größte Rückgang seit mehr als zwölf Jahren, teilte das Statistische Bundesamt gestern mit. Die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden habe - bedingt durch die Kurzarbeit - um 10,4 Prozent abgenommen, die Summe der Bruttolöhne und -gehälter in der Industrie sei im Juli um acht Prozent auf 1,6 Milliarden Euro gesunken.

Der Arbeitsmarkt in der deutschen Industrie folgt damit zeitversetzt dem starken Rückgang der Auftragseingange im zurückliegenden Jahr. Vor allem die Kurzarbeit hat dazu beigetragen, dass die Arbeitslosigkeit bislang nicht wesentlich deutlicher gestiegen ist. "Die Unternehmen versuchen alles, um ihre qualifizierten Fachkräfte zu halten, um nach dem Ende der Krise die Produktion schnell erhöhen zu können. Sie wollen sich nicht wieder dem Fachkräftemangel der zurückliegenden Jahre aussetzen", sagte Marc März, Sprecher des Industrieverbandes Hamburg, dem Abendblatt. Die Industrie in der Hansestadt könne sich vom bundesweiten Trend allerdings nicht lösen. Viele Unternehmen in Hamburg wie etwa der Gabelstapler-Hersteller Jungheinrich mussten in der Krise Stellen streichen.

Besser sieht es in der Zeitarbeitsbranche aus. Sie gilt als Frühindikator für den Arbeitsmarkt, im Abschwung wie auch im Aufschwung. Seit Mai gibt es eine positive Entwicklung. Im Juni stieg die Zahl der Zeitarbeiter bundesweit um 3,8 Prozent auf 526 000. "Wir hören überall, dass Firmen einstellen", sagte Michael Wehran, Sprecher des Bundesverbandes Zeitarbeit.

Ende September will der Verband genaue Zahlen für die Monate Juli und August vorlegen. "Wir gehen aber davon aus, dass die Zahlen seitdem etwa in den gleichen Raten wie im Juni gestiegen sind", sagte Wehran. Danach dürften im August etwa 550 000 Menschen in der Zeitarbeit beschäftigt gewesen sein.

Besonders gesucht sind kaufmännische und Pflegeberufe aber auch IT-Spezialisten oder Personal für Callcenter. Schlechter sehe es derzeit in der Industrie oder bei ungelernten Kräften aus. Der Verband ist vorsichtig bei der Frage, ob die Krise überwunden sein könnte: "Im Sommer hat es immer ein relativ gutes saisonales Geschäft gegeben", sagte Wehran. Im Juni 2008 etwa waren noch 794 000 Zeitarbeiter beschäftigt.

Beim Hamburger Zeitarbeitsunternehmen Randstad steigt die Nachfrage seit Juni. Aber im Sommer gibt es stets einen saisonalen Anstieg wegen der Urlaubszeiten. "Es ist jetzt die Frage, ob der Trend auch im Herbst anhält", sagte Ines Jähnel, Randstad-District-Managerin für Hamburg. Als mögliche Risiken werden die Ergebnisse der Bundestagswahl, eine weitere Insolvenzwelle und steigende Arbeitslosigkeit gesehen.

In Hamburg wird weiter qualifiziertes Fachpersonal gesucht. Begehrt ist Personal für das Gesundheitswesen, für oder Windkraft- und Solarfirmen. Besonders gefragt sind zudem Buchhalter, Controller oder Callcenter-Mitarbeiter.