Verkaufsstart im kommenden Januar in Hamburg. Schon mehr als 1000 Interessenten. Sie müssen einmalig 5000 Euro zahlen.

Hamburg/Salzgitter. Der Hamburger Ökostromanbieter Lichtblick arbeitet schon lange an der Vision, mit kleinen, dezentralen Kraftwerken Kohle- und Atommeiler in Deutschland zu ersetzen. Schon Anfang 2008 hat das Unternehmen ein Team von Ingenieuren damit beauftragt. Heraus kam ein Projekt, mit dem die gesamte deutsche Stromversorgung neu gestaltet und unabhängiger von den großen Energiekonzernen werden kann.

Mit einem oder mehreren Minikraftwerken für große Ein- und Mehrfamilienhäuser wollen Lichtblick und der Autohersteller VW künftig über Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung umweltfreundliche Energie liefern. Solche Blockheizkraftwerke gibt es schon viele, etwa in Krankenhäusern, Fabriken oder auch zur Versorgung von Wohngebieten. Sie liefern Wärme für Heizung und Wasser und zugleich als Nebenprodukt ein wenig Ökostrom. Neu ist nun, dass Lichtblick sämtliche Zuhause-Kraftwerke vernetzen und so den entstehenden Strom bei Bedarf ins Netz speisen will. Etwa wenn die Windräder mangels Wind einige Zeit stillstehen.

Das Unternehmen will vom Jahr 2010 an im ersten Schritt in Wohnhäusern 100 000 Minikraftwerke installieren, die von einem VW-Golf-Gasmotor angetrieben werden und Biogas verbrennen. Der so entstehende zusätzliche Strom ersetze laut Lichtblick zwei Atomkraftwerke. Der Auftakt wird in Hamburg sein, später will man den gesamten deutschen Markt beliefern.

Der Kunde muss für die Installation der Minikraftwerke 5000 Euro bezahlen. Sie bleiben im Besitz von Lichtblick. Für eine Grundgebühr von 20 Euro im Monat pflegt und wartet das Unternehmen die Anlage. Gleichzeitig bekommt der Kunde pro Monat fünf Euro Mietgebühr erstattet und am Jahresende 0,5 Cent pro Kilowattstunde Strom, den Lichtblick bei ihm abgerufen hat. Seine eigene Stromversorgung kann der Kunde nicht über die Anlage organisieren. Der Arbeitspreis für die Wärme, die energieeffizienter als eine Gasheizung ist, beträgt brutto 5,79 Cent je Kilowattstunde. Am Ende bedeutet dies laut Lichtblick unter dem Strich für ein Zweifamilienhaus mit einem Jahresverbrauch von 40 000 Kilowattstunden Kosten von 198 Euro im Monat. Eingerechnet sind darin sämtliche Kosten - und Vergütungen. Der etwa gleiche Bedarf über eine Gasheizung würde wegen der geringeren Energieeffizienz von Gasheizungen mit 210 bis 220 Euro zu Buche schlagen.

"Das ist eine echte Revolution für den Strommarkt", sagte Lichtblick-Vorstandschef Christian Friege gestern. Laut Unternehmenssprecher Ralph Kamphwirth haben sich seit vergangenem Montag, als der Plan erstmals in der Öffentlichkeit bekannt wurde, schon 1000 Interessenten - vor allem Bauherren und jene, die gerade eine Heizungsanlage austauschen müssen - bei dem Energieversorger gemeldet. Der sogenannte Schwarmstrom von Lichtblick steht laut dem Unternehmen innerhalb von nur einer Minute zur Verfügung. Dagegen brauche ein Atomkraftwerk einen Tag, um angefahren zu werden. Dies aber sei zu langsam, um die kurzfristigen Schwankungen der Wind- und Sonnenenergie im Stromnetz auszugleichen.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) begrüßte den Plan. In der Kombination aus erneuerbaren Energien und flexiblen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen liege die Zukunft, sagte er. Die Minikraftwerke werden über einen Erdgasmotor betrieben, der von VW im Werk Salzgitter gebaut wird. Sie sparen laut Lichtblick bis zu 60 Prozent CO2 gegenüber der herkömmlichen Wärme- und Stromerzeugung. VW-Vorstandsmitglied Werner Neubauer sagte, für den Autobauer sei die Produktion der Minikraftwerke ein Zusatzgeschäft, das zudem direkt rund 160 Jobs sichere.