Die Hansestadt Hamburg wird für Investoren immer interessanter. Kleinere Häuser könnten jedoch Probleme bekommen.

Hamburg. Es ist die größte Hotelrenovierung, die derzeit in Deutschland stattfindet. Rund 48 Millionen Euro investierte die Immobiliengesellschaft Azure Property in den vergangenen zehn Monaten in die Totalsanierung des Hotels Radisson Blu am Dammtor. Das Haus wird völlig entkernt und damit nahezu neu gebaut. "Unsere Investoren stehen zum Standort Hamburg", sagte Hotelsprecherin Kerstin Scholz dem Abendblatt. Am Flughafen eröffnet der Konzern in diesem Jahr noch ein weiteres Haus.

Radisson ist nicht der einzige Hotelbetreiber, der trotz der Wirtschaftskrise auf die Hansestadt setzt. Im Frühjahr eröffnete unter anderem das Hotel Lindner bei Hagenbecks Tierpark. Hamburg gehört inzwischen zu den begehrtesten Hotelstandorten Deutschlands. Laut einer Studie der Immobiliengesellschaft Dr. Lübke gaben 50 Prozent der befragten Großinvestoren die Stadt als künftiges Investitionsziel an. Nur München schnitt mit 55 Prozent besser ab - aber wahrscheinlich nur deshalb, weil es dort in der jüngsten Vergangenheit weniger Neubauten gab, wie Alexander Trobitz, Branchenexperte bei Dr. Lübke, dem Abendblatt sagte.

Allein in diesem Jahr sind sieben neue Hotels in der Hansestadt bereits eröffnet worden oder stehen kurz davor (siehe Tabelle). 2010 sollen weitere sechs hinzukommen und im Jahr darauf nochmals fünf. Zusätzlich sind bereits jetzt elf Neubauten oder Erweiterungen für die Jahre nach 2011 angekündigt. "Der Standort Hamburg gilt als krisenresistent", begründet Trobitz die Investitionsoffensive. Trotz der Neubauten in der Vergangenheit habe die Stadt weiterhin Nachholbedarf. "In den vergangenen zehn Jahren sind in Hamburg die Übernachtungszahlen um 70 Prozent gestiegen, die Kapazitäten aber nur um 46 Prozent", so der Experte. Das zeigt sich auch an den Übernachtungen in den Hotels, die selbst im ersten Halbjahr 2009 um zwei Prozent weiter angezogen haben.

Des Weiteren nahm die Bettenauslastung zu, wie Ulrike von Albedyll, Geschäftsführerin beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Hamburg, dem Abendblatt sagte. "Hamburg ist gut positioniert." Im Juni lag der Wert bei 58,9 Prozent, das entspricht einer durchschnittlichen Zimmerauslastung von 70 bis 80 Prozent - eine Rate, mit der die Hotellerie gut leben kann, wenn gleichzeitig der Übernachtungspreis stimmt.

Doch genau da klemmt es im Moment. Denn viele der schon realisierten oder geplanten Neubauten sind sogenannte Budgethotels, also moderne Betriebe ohne zusätzlichen Luxus, aber mit günstigem Preis.

Die Folge der neuen Konkurrenten: Die durchschnittlich erzielten Zimmerpreise inklusive Firmen- und sonstiger Rabatte sind von einst mehr als 100 auf inzwischen 95 bis 100 Euro pro Nacht gesunken. "Hamburg ist zu einem kräftigen Wachstum bei den Besucherzahlen verdammt", sagt deshalb auch Karl Schlichting, stellvertretender Vorsitzender der Fachgruppe Hotels beim Hamburger Dehoga. "Die Auslastung und die Erlöse sind ganz klar rückläufig. Und ich erwarte auch für das Jahr 2010 weiterhin wirtschaftlichen Gegenwind."

"Bei den erzielten Übernachtungspreisen war Hamburg in Deutschland noch nie führend. Und die Zimmerraten bleiben auch in Zukunft ein Problem", sagt Stephan Gerhard, Gründer und Gesellschafter der Treugast Solutions, einer Beratungsgesellschaft für Hotellerie, Gastronomie und Tourismus. Nach seinen Angaben kommen zu den rund 41 500 Betten (die statistischen Landesämter erheben keine Zimmerzahl) in den kommenden Jahren nochmals 5000 Zimmer und damit rund 7000 bis 8000 Betten hinzu.

"Das bedeutet, dass Hamburg dann 1,2 Millionen zusätzliche Übernachtungen braucht, um die neuen Kapazitäten zu füllen", so Gerhard. Im Jahr 2008 zählte die Stadt 7,7 Millionen Übernachtungen. Ein Zuwachs von 1,2 Millionen sei zwar machbar, aber es bestehe die Gefahr, dass die Anzahl neuer Kapazitäten schneller wächst als die Bettenzahl.

Die Folge: Vor allem kleinere, nicht attraktive Betriebe könnten bedroht sein. "Um 2000 zusätzliche Betten auszulasten, müssten zehn Pensionen schließen", rechnet Gerhard vor.

Auch Marlies Head, Inhaberin vom Hotel Madison erwartet, dass es "für ältere Zwei- bis Drei-Sterne-Hotels mit Renovierungsbedarf immer schwieriger wird zu bestehen." Sie selbst steuert in ihrem Vier-Sterne-Superior-Hotel gegen den Gästeschwund, indem sie dieses Jahr knapp eine halbe Million Euro in neue Zimmerausstattungen und in die Technik investiert.