Ärger bei der Handwerkskammer. Der Hamburger Fotografenmeister Christian Anhalt kritisiert die nach seiner Auffassung schlichtweg ausgefallenen Wahlen zum Parlament des Hamburger Handwerks und zweifelt am Demokratieverständnis des Branchenvertretung.

Hamburg. "Das Vorgehen ist für mich Wahlbetrug und ein mittlerer Skandal", sagte Anhalt dem Abendblatt. Die Kammer habe ohne Begründung auf die gesetzlich vorgeschriebene Wahl verzichtet. Anhalt hat Widerspruch eingelegt und beantragt, das Ergebnis für ungültig zu erklären.

Hintergrund für das Vorgehen ist die sogenannte Friedenswahl, bei der Kandidaten als gewählt angesehen werden, wenn von vornherein keine Alternative zu ihnen vorliegt. Dies geschah auch bei den Wahlen zur aktuellen Vollversammlung der Handwerkskammer, die sich fünf Jahre lang um die Interessen der selbstständigen Handwerker, deren Mitarbeiter und ihre Auszubildenden kümmern soll. "Von November 2008 bis Februar wurde jeweils nur eine Liste für die Arbeitgeber und eine für die Arbeitnehmer eingereicht", sagte Kammer-Justitiar Torsten Einhaus dem Abendblatt. Daher ließ die Handwerkskammer die für den 29. März vorgesehene Aktion "entfallen", wie es in einer Veröffentlichung heißt. Die 39 Vertreter, für die die Betriebsinhaber und ihre Beschäftigten wahlberechtigt gewesen wären, rückten direkt in das Gremium, wurden im Juni vorgestellt und werden nun auch bis 2014 amtieren.

Der Einspruch von Anhalt hatte jedoch bereits bei der konstituierenden Sitzung des neuen Gremiums Folgen. Ein eigens gebildeter Ausschuss wird jetzt das Wahlverfahren prüfen. Am 29. September soll über die Einwände entschieden werden. "Herr Anhalt kann dann natürlich dagegen klagen", sagt Einhaus. "Formal ist alles ordnungsgemäß gelaufen."

Die Praxis der Friedenswahlen ist umstritten. Für "undemokratisch und verfassungswidrig" hält sie der in den Ruhestand gewechselte Bonner Rechtsprofessor und Rechtsanwalt Raimund Wimmer. Auch der Konstanzer Anwalt Rolf Schmidt "kann die Vorbehalte gegen das Vorgehen in Hamburg gut verstehen." Der Jurist hatte von 1994 bis 2002 eine Friedenswahl der Konstanzer Handwerkskammer angefochten und war dabei bis vor das Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgericht gegangen. Schmidt und der von ihm vertretene Elektromeister siegten zwar schließlich. Dennoch hält es Schmidt für nicht entschieden, ob die Wahl ohne Wähler verfassungsrechtlich bedenklich ist.

Dagegen verweist der Hamburger Anwalt Martin Hack auf die Wahlordnung der Hamburger Kammer. Diese lege fest, dass bei nur einem zugelassenen Wahlvorschlag die Bewerber als gewählt gelten, "ohne dass es einer Wahlhandlung bedarf." Auch eine Bestätigung von Wahllisten hält er nicht für notwendig. Hack: "Bei keiner Wahl hat man die Möglichkeit, gegen einen bestimmten Kandidaten zu stimmen." Man könne nur für einen Kandidaten votieren.