Obwohl der Gesamtschaden in die Millionen geht, reagieren nur zehn Prozent der Firmen bisher mit aktiven Gegenmaßnahmen.

Hamburg. Oft sind es kleine Geschenke, die am Ende zu üppigen Geldzahlungen führen können - Korruption ist auch in Hamburgs Wirtschaft eine gefürchtete Straftat mit hohem Schaden. Nach einer repräsentativen Umfrage der Vereinigung Pro Honore und der Handelskammer Hamburg unter 414 Unternehmen der Stadt berichtete jede 20. Firma und damit fünf Prozent der Unternehmen von konkreten Korruptionsfällen, wie Nikolaus von der Decken, Vorsitzender von Pro Honore, gestern sagte. "Eines von neun Unternehmen in der Hansestadt sieht sich aktuell von Korruption bedroht."

Korruption betreffe alle Branchen. Es sei ein Phänomen sowohl bei kleineren als auch bei größeren Firmen - auch wenn es laut der Studie noch keine "Korruptionsschwemme" in der Stadt gebe. Als erfreulich bewertete er auch, dass Hamburgs Behörden - trotz des derzeitigen Korruptionsskandals in der Hafenbehörde Port Authority, bei dem zwei Mitarbeiter nach Bestechungsvorwürfen gehen mussten - von den befragten Unternehmen bescheinigt wurde, dass sie nicht anfällig für Geschenke und andere Arten der Bestechung seien. "Die präventiven Antikorruptionsveranstaltungen und die Arbeit der Dienststelle Interne Ermittlung scheinen somit zu greifen", so von der Decken.

Rechnet man die Ergebnisse der Umfrage unter der Hamburger Wirtschaft um, so wären rein statistisch gesehen von 95 000 Unternehmen in der Stadt 4700 von Korruption betroffen. "Diese Rechnung halte ich aber für zu hoch gegriffen", sagte Gerd Leilich, Hamburger Vertreter der Korruptionsbekämpfer von Transparancy International. Aber dennoch gilt, dass die Korruptionsfälle in der Hansestadt zunehmen werden, wenn die Unternehmen nicht gegensteuern."

Leilich steht mit seiner Beurteilung nicht alleine da. Nach der vorgestellten Umfrage erwartet auch mehr als ein Drittel der Hamburger Firmen eine Zunahme der kriminellen Delikte in den nächsten fünf Jahren. "Wir schließen nicht aus, dass das Problem größer wird, wenn nichts dagegen unternommen wird", sagt auch Ulrich Brehmer, Leiter des Handelskammer-Stabsbereichs Sicherheit in der Wirtschaft, dem Abendblatt. Allein in den vergangenen 24 Monaten wurde in Hamburg wegen Korruption ein Schaden in Höhe eines hohen zweistelligen Millionenbetrags verursacht.

Von der Decken, hauptberuflich Gesellschafter der Creditreform Hamburg, warnte davor, dass sich Unternehmen wegen Korruption in existenzbedrohliche Situationen bringen können. Schadenersatzzahlungen, Strafen sowie der Verlust wichtiger Auftraggeber seien die Folge des kriminellen Handelns.

Brehmer rät den Unternehmen gegenzusteuern. Hamburg habe dazu viele Anlaufstellen wie etwa die Kammer oder Pro Honore. So können Firmen laut von der Decken ihre Mitarbeiter in Schulungsprogrammen sensibilisieren, die Beschäftigten zu Hinweisen auf Verdachtsfälle ermutigen, einen Ansprechpartner für Korruptionsfragen im Unternehmen etablieren, externe Vertrauensstellen einschalten und ausdrücklich den Schutz von Hinweisgebern klarstellen. Doch nur zehn Prozent der Hamburger Firmen haben laut der Umfrage bereits Maßnahmen ergriffen, nur weitere 25 Prozent halten Instrumente zum Gegensteuern für sinnvoll.

"Korruptionsbekämpfung ist nicht allein Aufgabe der Wirtschaft. Auch die Politik ist gefordert - gerade in Zeiten, in denen die Bürger zu recht eine stärkere Ahndung von Verfehlungen im wirtschaftlichen Kontext fordern", sagte der Hamburger SPD-Innenexperte Andreas Dressel.