Der niedrige Milchpreis treibt viele Bauern im Norden zur Aufgabe ihrer Zucht. Ein Landwirt auf dem Kattendorfer Hof im Kreis Segeberg hat gegen die allgemeine Krise am Markt und die Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe eine bessere Idee entwickelt.

Hamburg. Der Bauer Mathias von Mirbach finanziert den Ausbau seiner Stallungen durch die finanzielle Mithilfe von Privatleuten. "Kuhaktie" nennt sich die Idee, mit der er gemeinsam mit seinem Kollegen Klaus Tenthoff den ökologischen Betrieb mit 35 Kühen, Dutzenden Schweinen und Gemüseanbau auf Dauer sichern will.

Statt bei einer Bank um ein Darlehen zu bitten, verkaufen die beiden Landwirte Anteile an ihrer Herde im Wert von 100 oder 500 Euro. "Wir sind ein Pachtbetrieb, also mit Eigenkapital nicht reichlich ausgestattet und können der Bank keine Sicherheiten bieten", erklärt der 50 Jahre alte Bauer. Über 200 Aktien hat der Hof in den vergangenen vier Jahren bereits ausgegeben und erst eine zurückkaufen müssen. "Das Ziel war ganz klar, Menschen mit dieser Landwirtschaft zu verbinden. Und für uns ist es ein supergünstiger Kredit." Für das angelegte Kapital bekommen die Eigner eine Dividende von 2,5 Prozent in bar oder 5,0 Prozent in Lebensmitteln ausgezahlt. Auf dem Kattendorfer Hof entspricht das etwa einem Kilo Käse oder 20 Liter Milch, denn Discounterpreise gibt es hier nicht. "Ich stecke da viel Arbeit und Herzblut rein, und ich will vernünftig entlohnt werden", sagt von Mirbach. Während der Liter Milch bei ihm 1,25 Euro kostet, bekommen andere Milchbauern nur rund 20 Cent. "Das Hauptproblem ist der Preis", erklärt Klaus Dahmke, Sprecher des schleswig-holsteinischen Bauernverbands. So fordern die norddeutschen Milchbauern neben einer Reduktion der Milchproduktion auch "faire" Preise von 40 Cent pro Liter. Im Juli hatten sie im Schnitt nur halb so viel erhalten. In Kattendorf konnten die Pächter dank der Kapitaleinlage in den Ausbau des Hofes investieren. "Wir haben die Fressgitter verbessert, neue Gatter gekauft und dadurch für die Tiere und für uns sehr viel bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen geschaffen", sagt von Mirbach und zeigt stolz auf die neue Stallanlage. 50 Kühe sollen hier zukünftig gemolken werden - in ganz Schleswig-Holstein sind es 350 000. Jede Kuh gebe im Jahr 7000 Liter Milch, die in Molkereien verarbeitet werden, sagt Dahmke. Für von Mirbach kommt die Produktion für eine Molkerei nicht infrage. "Ich möchte nicht, dass andere entscheiden, was ich dafür an Geld bekomme", sagt der Ökobauer. Anders als die 5000 Großbetriebe verkauft er deshalb seine 35 verschiedenen Molkereiprodukte direkt auf dem Hof. Alle tragen das Demeter-Siegel für biologisches Wirtschaften. Ein Bürojob in Anzug und Krawatte wäre für den sportlich, schlanken Landwirt eine Qual, verrät er. Doch wie der Chef eines Großunternehmens schreibt er nun jedes Jahr einen Geschäftsbericht. "Darin erzähle ich den Menschen, was in ihrer Herde das Jahr über passiert ist, was wir planen und was wir verwirklicht haben, und versuche, sie teilhaben zu lassen."

Dahmke vom Bauernverband findet die Idee mit der innovativen Anlageform zwar gut, "aber 350 000 Patenschaften für ganz Schleswig-Holstein, das ginge nicht. Außerdem liegt die Selbstversorgung ja nur bei 42 Prozent." Der Rest der Milch werde exportiert, auch ins europäische Ausland. Ökobauer von Mirbach legt Wert darauf, seine Kunden zu kennen. "Ich möchte wissen, für wen ich das tue", und fügt hinzu: "Das ist vielleicht eine sehr elitäre Haltung, aber ich nehme mir diese Freiheit." Er wünscht sich ein Umdenken bei den Verbrauchern. "Die Entscheidung über die Landwirtschaft wird an der Kasse getroffen. Warum nicht Fair Trade auch für die eigenen Bauern?", fragt er und streicht der dienstältesten Milchkuh Dolly über den Hals. Ab Oktober will der Landwirt seine Milch auch in Hamburg in einem eigenen Hofladen anbieten.